Gemeinsame Resolution: Zukunft des Bioweinbaus – Chancen und Risiken

Hintergrund – starke Peronosporainfektionen im Weinbau in vielen europäischen Ländern

Aufgrund des Klimawandels wird der Weinbau in den verschiedensten europäischen Ländern zunehmend mit extremen Wetterereignissen und über längere Zeit hinweg stabilen Wetterlagen konfrontiert. Die Folgen sind einerseits mehr oder weniger lange Phasen von Trockenheit (vgl. Jahrgang 2015, 2018, 2019 und 2020) und andererseits – wie im letzten Jahr – lange Phasen von starken Niederschlägen und langanhaltender Feuchtigkeit. Letzteres führte im letzten Jahr dazu, dass vornehmlich in Weinanbaugebieten Mittel- und Südeuropas (wie bspw. in der Schweiz (CH), in der Champagne (F), dem Burgund (F), dem Jura (F), Bordeaux (F) in Südtirol (I)) und in allen Anbaugebieten der Bundesrepublik Deutschland in vielen Weinlagen starke Peronosporainfektionen mit zum Teil extremen Ertragsausfällen vorzufinden sind. Einige Rebanlagen waren nicht befahrbar, was die notwendige Durchführung von Pflanzenschutzmaßnahmen erschwert. Die dauernde Befahrung zerstört den Boden und führt zu Fahrunsicherheit bei Nässe sowie erhöhtem Kraftstoffverbrauch. Als abwaschbares Kontaktmittel bieten Kupferpräparate im Pflanzenschutz in Jahrgängen mit lang andauernden Niederschlägen keinen ausreichenden Schutz vor Peronosporainfektionen. Insbesondere der nachhaltige Bodenschutz sollte Mitbeachtung finden. Besonders der Ökoweinbau steht in solchen Jahren vor einer ganz großen Herausforderung.

Herausforderung für die einzelnen Weinbaubetriebe – individuelle Betroffenheit hoch

2016 hatten viele Betriebe einen Ertragsausfall und damit wirtschaftliche Einbußen zu verkraften, 2021 bedeutete für die betroffenen Betriebe erneut erhebliche wirtschaftliche Einschnitte aufgrund von Peronosporainfektionen. Langfristig sind Ertragsausfälle aufgrund von begrenzten Möglichkeiten gegen Pflanzenpathogene – z.B. fehlende Präparate, nichttragfähige Böden, begrenzte Schlagkraft – in zwei von sechs Jahren wirtschaftlich für die Betriebe nicht tragbar.

Herausforderung für die Weinbranche insgesamt im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Klimawandel und die Umsetzung der politischen Ziele

Das Interesse im Berufsstand ist grundsätzlich sehr groß, auf ökologische Bewirtschaftung umzustellen. Gleichzeitig werden die Risiken der Wirtschaftlichkeit aufgrund der eingeschränkten Handlungsoptionen aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen insbesondere des Ökoweinbaus hinsichtlich der Pflanzenschutzmittelanwendung gesehen. Die großflächige Anpflanzung von neuen, pilzwiderstandsfähigeren Rebsorten ist Teil einer mittel- und langfristigen Strategie. Dafür muss ausreichend Pflanzgut verfügbar sein. Weiterhin ist der Absatz für die auf der Basis von pilzwiderstandsfähigeren Rebsorten erzeugten Weinen mitzuentwickeln. Eine Umstellung von Rebsorten dauert 30 bis 40 Jahre. Insbesondere Alte Reben sind wichtig für die Weinqualität. Diese Umstände beeinträchtigen das Interesse sowie die endgültige Bereitschaft zur ökologischen Bewirtschaftung. Aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen, insbesondere durch die Folgen des Klimawandels, sind Wirtschaftlichkeit und Rentabilität des Ökoweinbaus nicht in jedem Fall gegeben, weswegen auch mit Rückumstellungen zu rechnen ist. Zusätzlich wird die Zahl der Betriebe, welche eine Umstellung anstreben oder beantragen, wohl weniger hoch ausfallen als erwartet oder gar zurückgehen. Damit werden die Erfolge des Ökoweinbaus der letzten Jahrzehnte getrübt. Das EU-Ziel eines Ökoanbau-Anteils von 25 %, bis 2030 (2020: EU-weit 9,1 % der landwirtschaftlichen Fläche; Quelle: EuroStat) rückt wohl in weite Ferne. Wir müssen den Weg hin zum ökologischen Weinbau ebnen und den Betrieben eine ökonomisch nachhaltige Perspektive aufzeigen.
Die politischen Ziele sind gesetzt – Wege, wie der Ökoweinbau seine Beiträge leisten kann, sind weiterzuentwickeln. Auch der Weinbau ist bereit, bei entsprechenden Rah-menbedingungen seinen Beitrag zum europäischen Ökolandbauziel zu bringen.

Zur Erreichung der politischen Ziele benötigen wir mehr Handlungsoptionen im Pflanzenschutz – den ökologischen Weinbau zukunftssicherer machen

Ziel ist, die Zukunft des europäischen Ökoweinbaus hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Rentabilität abzusichern und damit das Ziel des Ausbaus der Ökoweinanbaufläche auf 25 % der Rebfläche bis 2030 zu erreichen. Das bedeutet, den Anteil an pilzwiderstandsfähigen Rebsorten zu erhöhen, Prognosemodelle weiter zu verbessern und im Bedarfsfall die Handlungsoptionen für den Ökoweinbau im Pflanzenschutz so auszugestalten, dass der Ökoweinbau in allen Weinbauregionen auch ökonomisch erfolgreich betrieben werden kann. Wir sehen das als zentrale Grundbedingung an, um den von der EU angestrebten Ökolandbau-Anteil von 25 % der Rebfläche überhaupt erreichen zu können und um die Zukunft des Ökoweinbaus überhaupt europaweit zu sichern. Die Potenziale des Ökoweinbaus sollen für die Unternehmen und für die Kulturlandschaften in Europa genutzt werden.

Kurz-, mittel- und langfristige Strategien – mehr Forschung nötig, Unterstützung in Brüssel erwirken – jeder bei seinen Partnern.

Wir sehen folgende Lösungen, und sind für andere Vorschläge und Lösungswege offen.

  • Wir fordern eine sinnvolle Ergänzung der Handlungsoptionen des Ökoweinbaus im Pflanzenschutz. Dies kann durch eine limitierte und zeitlich begrenzte oder an klimatische Bedingungen geknüpfte Zulassung von Phosphonaten im Ökoweinbau erfolgen. Dies stellt gleichzeitig einen Beitrag zur Kupferoptimierung und -minimierung. Daher regen wir eine erneute Prüfung bestehender und neuer Lösungsansätzen auf EU-Ebene an.
  • Wir benötigen für diesen ganzheitlichen Lösungsansatz auch den verstärkten Anbau marktfähiger pilzwiderstandsfähigerer Rebsorten sowie die Etablierung und weitere Verbesserung von Prognosemodellen im Pflanzenschutz.
  • Wir streben an, den Boden- und Pflanzenschutz, sowie die ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit für die Betriebe und die Umwelt in Einklang zu bringen.
  • Wir empfehlen, die Forschung für nachhaltigen Weinbau auszuweiten, um mittel- und langfristig auf vollumfängliche Handlungsoptionen zugreifen zu können, die Entwicklung neuer Sorten und Zulassungen neuer Präparate zu fördern sowie schneller auf den Weg zu bringen.
  • Wir sehen die gezielte Weiterbildung und Schulung der Praxis als große Aufgabe aller Beteiligten.

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