DWV-Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes & weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung

Unter Bezugnahme auf unsere erste Stellungnahme zu dem Gesetzesentwurf ist nun in Übereinstimmung mit einem veröffentlichten Rechtsgutachten insbesondere zu den sich für die Grundstückseigentümer ergebenden Duldungspflichten nachzutragen.  

Aus Sicht des DWV stellen die im Entwurf vorgesehenen Duldungspflichten für das Anbringen und Verlegen von Leitungen zum Anschluss von erneuerbaren Energie-Anlagen für Winzerinnen und Winzer eine unzulässige Beschränkung des grundrechtlich geschützten Eigentums aus Art. 14 I 1 GG dar. Zwar steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich zu aufgrund von Art. 14 I 2 GG den Inhalt und die Schranken des Eigentums an den jeweiligen Grundstücken zu regeln, hierbei muss er jedoch stets die Voraussetzungen einer Inhalts- und Schrankenbestimmung beachten. Maßgeblich ist gerade, dass der Gesetzgeber die Interessen der Beteiligten ausgleichen und vor allem auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten muss.

Es handelt sich hierbei, auch wenn Ziele der Energiewende verfolgt werden, offensichtlich um einen Eingriff in das geschützte Eigentum der Weingüter, der im Widerspruch zu dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit steht. Gerade im Weinbau stellen die Duldungspflichten eine unzumutbare und für uns nicht akzeptable Belastung für die Betriebe dar.

Zwar ist es verständlich und notwendig, dass im Wege der Energiewende ländliche Flächen verstärkt auch für Photovoltaik genutzt werden sollen. Auch ist weiter verständlich, dass hierfür eine schnelle und effektive Lösung gefunden werden muss. Dieses Ziel darf jedoch nicht einseitig zu Lasten der Grundstückseigentümer verfolgt werden. Vielmehr muss in Zusammenarbeit mit den Nutzern und Eigentümern der betroffenen Flächen eine Lösung gefunden werden. Dadurch kann auch sichergestellt werden, dass beispielsweise bei unterirdisch verlegten Leitungen die für den Weinbau erforderliche maschinelle Bodenbearbeitung möglich bleibt durch vereinbarte Mindesttiefen.

Die zwangsweise Durchsetzung eines Leistungsrecht, ist als letztes Mittel lediglich für den Ausnahmefall heranzuziehen und das auch nur, wenn es dem Begünstigten trotz ernsthafter Bemühungen nicht gelungen ist, sich mit dem betroffenen Grundstückseigentümer über angemessene Bedingungen zu einigen. Dieser zwingend notwendige Einigungsprozess wird nun durch den Entwurf vollständig abgeschnitten. Dies ist aus Sicht des DWV nicht tragbar. Bevor zu einer zwangsweisen Durchsetzung als ultima ratio gegriffen wird, hätte man als milderes Mittel zunächst mit zusätzlichen Anreizen, beispielsweise einer staatlichen Förderung, arbeiten müssen! Durch das in Aussichtstellen attraktiver und angemessener Prämien könnten die angeblich „langwierigen Verhandlungen“ verkürzt werden. Als „Lösungsvorschlag“ nun das Eigentum der Landwirte, ohne Einbindung in ein Verfahren mit dem Ziel einer Einigung, zu beeinträchtigen ist für uns inakzeptabel und treibt einen Keil zwischen die Ziele der Energiewende und die Landwirtschaft.

Aus Sicht des DWV können ausschließlich durch eine enge und ausgewogene Zusammenarbeit der betroffenen Parteien die Ziele der Energiewende mit den Zielen der Erhaltung und Gestaltung einer nachhaltigen Kulturlandschaft durch den Weinbau in Einklang gebracht werden. Dass eine Zusammenarbeit möglich ist, zeigt sich insbesondere daran, dass bereits jetzt auf Basis eines Miteinanders im Wege von gleichberechtigten Verhandlungen Einigungen erzielt worden sind, die dazu geführt haben, dass Leitungen auf Grund und Boden von Weingütern verlaufen. Nur so ist der Erhalt einer zusammenhängenden und funktionstüchtigen Kulturlandschaft mit nicht nur herausragender Bedeutung für jeden Winzer und jede Winzerin, sondern auch weitreichende Auswirkungen auf andere Branchen möglich.

 Darüber hinaus ist aus Sicht des DWV die vorgesehene einmalige Ausgleichszahlung, orientiert an dem Verkehrswert des Grundstücks keine angemessene finanzielle Kompensation der zu duldenden Beschränkungen. Aufgrund der Tatsache, dass es sich vorliegend um eine rein privatnützige Inhalts- und Schrankenbestimmung zu Gunsten der meist privatwirtschaftlichen Unternehmen der Energiebranche nach Art. 14 I 2 GG handelt, ergibt sich gerade die Verpflichtung die relevanten Einbußen vollumfänglich zu kompensieren. Dies soll durch einen Verhältnismäßigkeitsausgleich geschehen, der sich stets am freien Markt zu orientieren hat. Dieser Grundsatz wird durch die Festlegung einer Einmalzahlung unterlaufen. Als zentrale Punkte zur Ermittlung einer angemessenen Ausgleichszahlung müssen gerade in der Weinbranche der Bodenwert und das Ertragspotenzial der Lage herangezogen werden und jährlich an die besonderen Bedingungen angepasst werden.

Der Einmalzahlung begegnen noch weitere Bedenken. Insbesondere wird missachtet, dass es vorliegend zu einer Ungleichbehandlung der verschiedenen duldungsverpflichteten Grundstückseigentümer kommt. Offenkundig stellt sich die Intensität des Eingriffs in das Eigentumsrecht der Grundstückseigentümer stärker dar je länger sie dauert. Die einmalige Ausgleichszahlung lässt hierbei die individuelle Betroffenheit der Eigentümer völlig außer Acht. Dies ist insbesondere aufgrund der Eigenarten des Weinbaus für die Branche untragbar.

Unter Zugrundelegung dieser Beurteilung kann nur durch eine fortlaufende jährliche Ausgleichszahlung unter Beachtung der Besonderheiten der Grundstücke kann eine angemessene Kompensation erreicht werden.

Durch die Begründung von Nutzungsrechten zugunsten Dritter werden schließlich auch zusätzliche Gefahrenquellen geschaffen. Den hieraus resultierenden berechtigten Bedenken der Grundstückseigentümer insbesondere im Hinblick auf etwaige Ertragsausfällen oder Schäden an der für den Weinbau unabdingbaren Infrastruktur, muss effektiv entgegengewirkt werden. Die alleinige Normierung einer Unterlassungspflicht hinsichtlich Maßnahmen, die den Bestand oder den Betrieb des Grundstücks beeinträchtigen ist hierfür nicht ausreichend. Vielmehr muss der Grundstücksbetreiber auch für Fälle der leicht fahrlässigen Verletzung dieser Unterlassungspflicht und daraus resultierenden Schäden hinreichend abgesichert werden, um den Bestand des Grundstücks und damit einhergehend die Funktionsfähigkeit des Weingutes zu schützen. Auch fehlt es an einer abgesicherten Rückbaupflicht für die Betreiber. Es ist unzumutbar das wirtschaftliche Risiko des Rückbaus und die mit dem Rückbau verbundenen Herausforderungen auf den Duldungsverpflichteten zu übertragen.

 Eine Akzeptanz in der Landwirtschaft und Winzerschaft kann nur durch eine Begegnung auf Augenhöhe zu Stande kommen. Der derzeitige Entwurf zwingt den Landwirten dagegen die Duldung auf und bietet eine nur unzureichende Entschädigung an. Der DWV ist der Auffassung, dass die Energiewende nur im Miteinander von Politik, Gesellschaft und Landwirtschaft gelingen kann. Wir fordern daher, dass der Entwurf unter Berücksichtigung der Besonderheiten einer UNESCO-Weltkulturerbe geschützten Dauerkultur erneut geprüft und angepasst wird.

 

Der Deutsche Weinbauverband e.V., kurz DWV, ist die Berufsorganisation der deutschen Winzerinnen und Winzer. Er vertritt die Gesamtinteressen seiner Mitglieder gegenüber internationalen und nationalen Institutionen und Organisationen und setzt sich dafür ein, die beruflichen Belange der deutschen Winzerschaft zu wahren und zu fördern.

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