DWV-Info Nr. 30/2024 Weinbau & Umwelt: EU diskutiert Richtlinie zur Bodenüberwachung

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Hintergrund

Im Zusammenhang mit der EU-Bodenstrategie 2030 hatte die EU-Kommission am 05.06.2023 einen Entwurf zu einer neuen Bodenüberwachungsrichtlinie (englisch: „Soil Monitoring and Resilience Directive“) vorgelegt. Seitdem wird dieser Vorschlag auf europäischer Ebene diskutiert.
Der ursprüngliche Kommissionsvorschlag zielt auf gesunde Böden bis 2050 ab. Dabei berichtete die EU-Kommission, basierend auf Forschung, das 60 bis 70 % der Böden in der EU in einem ungesunden Zustand sind. Um auf das Ziel hinzuwirken, besteht der Vorschlag aus drei Komponenten. Einerseits definiert dieser Bodenkriterien, welche die Gesundheit der Böden bestimmen sollen. Zweitens fordert er die Mitgliedstaaten auf, anhand dieser Kriterien die Gesundheit der Böden zu überwachen und dazu Bodendistrikte und Probestellen einzurichten. So sollen gesunde von ungesunden Böden unterschieden werden. Schließlich sollen in einem dritten Schritt Mitgliedstaaten dazu aufgefordert werden, nach Bewertung der Böden, Praktiken zur nachhaltigen Bodenbewirtschaftung festzulegen und Regenerierungsmaßnahmen für Böden zu erarbeiten.

Stand

Am 10.04.2024 hat das EU-Parlament seine Position zum EU-Soil-Monitoring mit 336 Stimmen, 242 Gegenstimmen und 33 Enthaltungen beschlossen. Nicht nur schwächt diese in Teilen erheblich den Rahmen der Kommission ab, sondern auch den Berichtsentwurf, welcher zuvor vom Umweltausschuss des EU-Parlaments (ENVI) erarbeitet wurde. So will dieser Parlamentsentwurf den Mitgliedstaaten deutlich mehr Freiheiten bei der Bestimmung der Bodengesundheit lassen. Mitgliedstaaten sollen in einem drei Stufensystem die Ebene der Überwachung wählen können und innerhalb dieses Systems eigene Gütekriterien hinzufügen. Durch diesen angedachten Bottom-Up-Ansatz sollen auch bereits bestehende nationale Systeme besser einzubinden sein, auch mit Blick auf die Bodendistrikte. Dabei sollen Mitgliedstaaten mindestens die Kriterien der Stufe 1 überwachen, welche Faktoren im Bereich Degradierung, ökologische
Funktionen, Biodiversität und Habitat umfasst. Die Aufschlüsselung kann im Parlamentsentwurf des Annex I Teil A eingesehen werden. Die durch die Mitgliedstaaten festgelegten Grenzwerte sollen der Überprüfung der EU-Kommission unterliegen. Weiterhin erweitert der Parlamentsentwurf die Kategorisierung von Böden in 5 unterschiedliche Kategorien: hoher ökologischer Zustand, guter ökologischer Zustand, mäßiger ökologischer Zustand, degradierte Böden und Böden in einem kritischen Zustand. Ein Boden gilt als gesunde Böden, wenn er nach dieser Kategorisierung einem guten oder hohen ökologischen Zustand zugeordnet wird. Auch zeigt der Entwurf des EU-Parlaments deutlich mehr Indikatoren als freiwillig an, als die bisherigen Entwürfe.

Bezüglich des Zeitplanes entfernte das EU-Parlament in seiner Position alle gesetzlich verbindlichen Fristen. So sah noch der Entwurf des ENVI vor, dass die Mitgliedstaaten zehn Jahre Zeit haben sollten, um den Zustand kritisch geschädigter Böden in geschädigte Böden umzuwandeln, und sechs Jahre, um die Einstufung geschädigter Böden in einen mäßigen ökologischen Zustand und die Einstufung von Böden mit mäßigem ökologischem Zustand in einen guten ökologischen Zustand zu verbessern.
Auch setzt der Parlamentsvorschlag eine deutlich stärkere Unterstützung der Mitgliedstaaten durch die Kommission bei der Umsetzung der Überwachung voraus. Weiterhin regelt dieser verstärkt den Umgang mit kontaminierten Böden und den Umgang mit diesen durch Mitgliedstaaten. Schließlich soll die Kommission, laut EU-Parlament, eine digitale Bodengesundheitsplattform schaffen. Dort sollen die Bodengesundheitsdaten für Forscher, Landbesitzer, Beratern im Rahmen des landwirtschaftlichen Beratungssystems und der Öffentlichkeit öffentlich zugänglich gemacht werden, wobei die Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften zum Schutz personenbezogener Daten zu gewährleisten sein soll. Jedoch fordert das Parlament die Kommission in seinem Entwurf auch auf, relevante Daten der Bodengesundheit nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Landbesitzer der Öffentlichkeit nur in aggregierter und anonymisierter Form zugänglich zu machen. Auf dieser Plattform soll die Kommission ebenfalls einen Werkzeugkasten für nachhaltiges Bodenmanagement bereitstellen, der Best-Practice-Beispiele und Informationen zu freiwilligen Praktiken zur nachhaltigen Bodenbewirtschaftung beinhalten soll.
Im Wesentlichen ist festzuhalten, dass der Entwurf die Böden anhand von mehreren Kategorien einstuft, eine EU-weite Harmonisierung der Indikatoren und Grenzwerte ausbleibt und der Werkzeugkasten nur noch freiwillige nachhaltige Bodenpraktiken vorsieht. Folglich liegt das Hauptaugenmerk des Parlamentsentwurfs primär auf der Überwachung der Böden.
1 Art. 3 I Nr. 1a definiert (Übersetzung des englischen Entwurfs)
(a) „sehr guter ökologischer Zustand“ bezieht sich auf Böden mit hoher biologischer und funktioneller Aktivität;
(b) „guter ökologischer Zustand“ bezieht sich auf Böden, die sich insgesamt in einem guten ökologischen Zustand befinden, jedoch Anzeichen für geringfügige beeinträchtigende Auswirkungen eines oder mehrerer Degradationsfaktoren aufweisen.

Der Rat der EU hingegen hat noch keine Abstimmung getroffen; hier geht jedoch aus einem Kompromissvorschlag, welcher aus der ehemaligen spanischen Ratspräsidentschaft stammt, hervor, dass auch dieser zumindest die Einführung einer mittleren Kategorie für moderate Bodengesundheit fordert. Zusätzlich sieht dieser Vorschlag die Unterstützung des EU-Finanzierungssystems für den Umgang mit kontaminierten Böden vor.

Auch Landwirtschaftsminister Özdemir sprach sich nach einer Ratssitzung am 18.09.2023 für die Bodenüberwachungsrichtlinie aus. Ebenso betonte er das Belangen Deutschlands, die bereits bestehenden Beobachtungsverfahren in das EU-Soil-Monitoring einzubinden.

Auswirkungen auf die Branche

Konkrete Auswirkungen sind im jetzigen Zustand des Verfahrens noch schwer abzuschätzen; insbesondere bleibt die Einigung von EU-Parlament und Rat und die nationale Umsetzung abzuwarten. Insbesondere wie die Daten abgefragt und erhoben werden sollen bleibt von der nationalen Umsetzung abhängig. Zumindest das EU-Parlament hält in seinem Entwurf dazu fest, dass die Bodenüberwachung nicht zu einer finanziellen Mehrbelastung der Landbesitzer führen soll.

Finanzierung

Während der Kommissionsentwurf nahezu keine Angaben zur Finanzierung macht, sieht der Parlamentsentwurf vor, dass eine Evaluation des Finanzbedarfs zwischen der EU und den Mitgliedstaaten stattfinden soll. Weiterhin sollen nach 2027 weitere finanzielle Ressourcen für das nachhaltige Bodenmanagement und die Überwachung zur Verfügung gestellt werden. Woher genau die Gelder genommen werden sollen, bleibt aber offen.

Nächste Schritte

  • Das EU-Parlament wird sich voraussichtlich dem Gesetzgebungsverfahren wieder nach den Europawahlen annehmen.
  • Der Rat wird seine Position voraussichtlich im letzten Umweltausschuss vor Ende der belgischen Präsidentschaft festlegen, welche für den 17. Juni 2024 geplant ist.
  • Es ist wahrscheinlich, dass im Herbst 2024 ein Trilogverfahren zwischen beiden Institutionen folgt. Ergebnisse könnten am Ende des Jahres erwartet werden.
  • Der DWV wird sich weiter mit seinen europäischen Partnern im Verfahren auf EU-Ebene einbringen und über den Fortgang der Diskussion berichten.

Miriam Berner

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