Pflanzenschutzmitteleinsatz – es drohen noch weitreichendere Einschränkungen!
Die EU-Kommission hat im Juni 2022 einen Vorschlag für eine Verordnung zur nachhaltigen Nutzung von Pflanzenschutzmitteln veröffentlicht. Dieser Vorschlag löste einen Aufschrei der Empörung im Berufsstand aus, da er ein Komplettverbot des Pflanzenschutzmitteleinsatzes in sogenannten sensiblen Gebieten sowie ambitionierte Reduktionsziele vorsah. Massive Bewirtschaftungseinschränkungen bis hin zu einem faktischen Berufsverbot wurden befürchtet, da im Weinbau bundesweit über 30 Prozent der Flächen betroffen waren. Kommt es nun noch schlimmer? Das steht zu befürchten, zumindest wenn es nach dem Willen der EU-Abgeordneten Sarah Wiener geht! Die Berichterstatterin für den Umweltausschuss des EU-Parlaments drängt in ihrem kürzlich veröffentlichen Berichtsentwurf für den Umweltausschuss auf deutlich strengere Regeln hinsichtlich des Pflanzenschutzmitteleinsatzes.
Die EU-Kommission hatte in ihrem Vorschlag eine 50-prozentige Reduzierung der Menge und des Risikos von Pflanzenschutzmitteln bis 2030 veranschlagt. Bereits ein sehr ambitioniertes Ziel, das der Berufsstand mit starren Werten nicht mittragen kann, selbst wenn er bereit ist, über Reduktionsziele zu diskutieren und an Reduktionskonzepten mitarbeiten möchte. Diese ursprüngliche Forderung der EU-Kommission wird jedoch von Wiener nun noch übertroffen: sie sieht eine Reduktion der »gefährlicheren« Pflanzenschutzmittel um 80 Prozent bis Ende dieses Jahrzehnts vor. Zudem hat sie ein Zwischen-Reduktionsziel bis 2026 ins Spiel gebracht, um den Zeitplan der Reduktion zu straffen. Ursprünglich war der Zeithorizont zur Zielerreichung das Jahr 2030 ohne Zwischenschritte.
Aus der Definition der empfindlichen Gebiete, in denen ein komplettes PSM-Verbot vorgesehen ist, hat die Berichterstatterin zwar Flächen herausgenommen. Aus dem Verzeichnis der national ausgewiesenen Schutzgebiete sollen nur die Flächen einbezogen werden, deren Erhaltungsziele sich auf Natur, Biodiversität oder den Schutz von Lebensräumen beziehen. Zudem sollen nur Ausnahmen für den Bioweinbau in anderen Gebieten gelten. Insgesamt hält Wiener aber an dem für die Branche nicht akzeptablen Konzept von Komplettverboten von Pflanzenschutz fest.
Zudem sind etliche neue kritische Regelungen im Berichtsentwurf vorgesehen, unter anderem Bestimmungen hinsichtlich des integrierten Pflanzenschutzes, eine Verschärfung der Abstandsflächen, verschärfte Dokumentationspflichten oder auch die Einführung einer Pestizidsteuer. Im Fachbeitrag von DWV-Referentin Miriam Berner finden sie eine ausführliche Analyse des Berichtsentwurfs von Sarah Wiener (im ddw Nr 05/2023, ab S. 14).
Nur mit vereinten Kräften werden wir es schaffen, die angestrebten Regelungen zu verhindern.
Christian Schwörer, DWV-Generalsekretär und ddw-Chefredakteur
Wie geht es nun weiter? Was sind die nächsten Schritte, die der Berufsstand unternehmen muss, um diese Regelungen zu verhindern? Nachdem Sarah Wiener sich sehr viel Zeit für ihren Berichtsentwurf gelassen hat, möchte sie nun das Tempo erheblich beschleunigen. Nach der Vorstellung des Berichtsentwurfs im Umweltausschuss Anfang März sollen ihren Ausschusskollegen tatsächlich nur wenige Tage Zeit zur Verfügung gestellt werden, um Änderungsanträge zum Berichtsentwurf einzubringen. Das ist so nicht akzeptabel! So äußerte sich auch der Vorsitzende des Agrarausschusses Norbert Lins, der bestätigt hat, dass der Agrarausschuss erst die eingeforderte Folgenabschätzung durch die EU-Kommission abwarten möchte, bevor er eine Stellungnahme abgibt. Auch der Rat möchte im Juni zunächst nur einen Fortschrittsbericht veröffentlichen. Aufgrund des ambitionierten Zeitplans von Sarah Wiener müssen wir jedoch schnell tätig werden. Gemeinsam mit dem Berufstand aus allen europäischen Weinbauländern müssen wir zunächst auf unsere politischen Vertreter im Umweltausschuss zugehen und auf sie einwirken, dass der Berichtsentwurf von Sarah Wiener in allen kritischen Punkten geändert wird. Dabei brauchen wir wieder Ihre Mithilfe! Nur mit vereinten Kräften werden wir es schaffen, die angestrebten Regelungen zum Pflanzenschutz zu verhindern, die die Bewirtschaftung zahlreicher Weinberge faktisch unmöglich machen würde.