Flutkatastrophe an Ahr und Mosel erschüttert die Weinwelt: Der Zusammenhalt ist groß.
Das Wasser ist inzwischen wieder weg – der Schock bleibt. Was das weichende Wasser enthüllt ist nicht in Worte zu fassen. In Gedanken ist die ganze Weinwelt bei den Winzerfamilien an der Ahr, die Ende letzter Woche von sintflutartigen Regenfällen überrascht wurden. Innerhalb kürzester Zeit stieg der Wasserpegel an der Ahr auf über 8 Meter, die Fluten rissen ganze Häuser mit sich. Bilder von Holzfässern, die die Straße runter schwimmen, verwüsteten Weinkellern, demolierten Traktoren und mit Schlamm bedeckten Weinbergen lassen das Ausmaß der Schäden nur erahnen.
"So groß die Not in den betroffenen Gebieten auch ist – mindestens genauso groß ist die überwältigende Hilfsbereitschaft."
Jacqueline Kehrer, ddw-Chefredakteurin
So groß die Not in den betroffenen Gebieten auch ist – mindestens genauso groß ist die überwältigende Hilfsbereitschaft in ganz Deutschland. Innerhalb weniger Stunden sprossen etliche Spendenaufrufe und Hilfsaktionen aus dem Boden. Winzer und Winzerinnen in ganz Deutschland packten ihre Autos voll mit Sachspenden und machten sich auf den Weg zu ihren Kollegen an die Ahr, um bei den Aufräumarbeiten zu helfen. Vor allem Gaskocher, Trinkwasser und Stromaggregate waren besonders gefragt, denn das fehlende Stromnetz und die nicht funktionierende Kanalisation erschwerten die Bedingungen vor Ort.
Unter vielen anderen machte sich auch das Weingut Ökonomierat Rebholz am Sonntag auf den Weg an die Ahr – alle Praktikanten und Azubis selbstverständlich mit dabei. Kerstin Koch, eine duale Studentin bei Rebholz, schoss Fotos von dem, was sie immer noch nicht in Worte fassen kann (vgl. ddw 15, S. 11). »Was wir dort gesehen haben, können auch Bilder nicht beschreiben. Auf den Fotos kann man nicht ansatzweise erkennen, wie schrecklich es wirklich ist.« Worte, die mir unter die Haut gehen. Man kann nur erahnen, was die Betroffenen durchmachen. Gleichzeitig scrolle ich durch meinen Instagram-Account und bekomme Gänsehaut. Unter dem Hashtag #SolidAHRität findet man etliche Spendenaktionen in den sozialen Medien. Die ganze Weinbranche hält zusammen und hilft sich, wo es nur geht.
Es ist Zeit, genau jetzt diese Solidarität und Gemeinschaft zu nutzen, um auch langfristig etwas gegen den Klimawandel zu tun. Klimaexperten sind sich einig, dass die Häufung von Extremwetterereignissen, wie Hitzewellen und Starkregen mit dem Klimawandel zusammenhängen. Viele prognostizieren mehr dieser Wetterkatastrophen in den nächsten Jahren. Müssen wir uns jetzt also mit solchen Ereignissen abfinden? Mir persönlich fällt es schwer, die Flinte ins Korn zu werfen. Einem aktuellen UN-Bericht zufolge könnte die kritische 1,5-Grad-Marke der Klimaerwärmung schon in wenigen Jahren überschritten werden. Damit wären die Pariser Klimaziele Makulatur. Klar ist, längst sind irreparable Schäden entstanden, doch kann das ein Grund sein aufzugeben? Glaubt man Jørgen Randers, einem norwegischen Physiker und Professor für Klimastrategien, ist es schon zu spät. Um die Entwicklung zu verhindern, hätte man bereits vor 50 Jahren den CO2-Ausstoß beenden müssen. Fachkollegen weltweit haben Zweifel an der methodischen Gründlichkeit der Studie und widersprechen Randers Theorie. Und selbst, wenn wir uns heute auf einem Kurs befinden, der eine Erwärmung zwangsläufig mitsichbringt; meiner Meinung nach ist es nie zu spät, etwas zu tun. Eine langsamere Erwärmung eröffnet mehr Möglichkeiten, sich an die unvermeidlichen Folgen anzupassen. Und vielleicht machen nur zwei Grad Celcius den Unterschied zwischen »Apokalypse« und »Katastrophe« aus.