E-Mail, E-Antrag, aber kein E-Label für Wein?

Das BMEL spricht sich für die obligatorische Angabe sowohl der Nährwertdeklaration als auch des Zutatenverzeichnisses auf dem Etikett aus und stößt damit auf großes Unverständnis – bei unseren Erzeugern und auch bei unseren europäischen Nachbarn!

Vier Jahre lang hatte sich der Weinsektor intensiv mit dem Thema Nährwert- und Zutatenangabe befasst. Ende Letzten Jahres schien das proaktive Vorgehen der Branche durch eine pragmatische Regelung in der Gemeinsamen Marktorganisationsordnung (GMO) belohnt zu werden. Die Möglichkeit zur digitalen Angabe von Zutatenliste und Nährwertangaben, neben den obligatorisch auf dem Etikett auszuweisenden Allergenen und dem Brennwert, wurde europaweit als eine Errungenschaft und ein wesentlicher zukunftsweisender Fortschritt der Weinbranche wahrgenommen – leider aber nicht von unserem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Dieses spricht sich für die obligatorische Angabe sowohl der Nährwertdeklaration als auch des Zutatenverzeichnisses auf dem Etikett aller Lebensmitteln aus. Nur so könne eine unmittelbare Wahrnehmung der Pflichtinformationen durch die Verbraucher zuverlässig gewährleistet werden.

Bedauerlich, dass hier nicht erkannt wurde, dass mit der digitalen Lösung den aktuellen Anforderungen, Bedürfnissen und Erwartungen nicht nur der Erzeuger, sondern insbesondere auch der Verbraucher entsprochen wird. Das E-Label bietet zunächst die Möglichkeit, deutlich umfassender im Sinne einer verantwortungsbewusst umgesetzten Verbraucherschutzpolitik zu informieren. Insbesondere detaillierte Informationen zum moderaten Trinkgenuss wären so problemlos umsetzbar. Des Weiteren bietet das E-Label im internationalen Handel Vorteile, da Verbraucher die Zutaten in ihrer jeweiligen Vorzugssprache abrufen können. Unabhängig davon, ob ich meinen Urlaub in Spanien oder Griechenland verbringe und die dortige Landesprache beherrsche, das E-label garantiert mir, dass ich alle Informationen immer in meiner Muttersprache lesen kann und verstehe. Die Angabe auf dem Etikett kann diesen Vorteil der individuellen Sprachauswahl nicht bieten. Weine werden wie kaum ein anderes Lebensmittel über Grenzen hinweg vermarktet, im Ergebnis würde die Angabe auf dem Etikett eine echte Handelsbarriere darstellen.

Bedauerlich auch, dass nicht berücksichtigt wurde, welche umfassenden praktischen Probleme eine detaillierte Zutatenliste auf dem Etikett für die Erzeuger verursacht. Unser Produkt ist nicht mit anderen Lebensmitteln vergleichbar. Wer sich bei seiner Produktion streng an ein Rezept halten kann, wird kein Problem haben, die einmal in einer Analyse festgestellten Inhalte auf dem Etikett anzugeben. Wer aber während seines Produktionsprozesses oder auch nach Abschluss desselben immer wieder eingreifen muss, um nicht nur Weinfehler zu beseitigen, sondern auch sein Produkt rund und ausbalancier zu gestalten, braucht Flexibilität. Das E-Label würde diese garantieren, das ursprünglich gedruckte Etikett findet dagegen eventuell nie seinen Weg auf die Flasche – wenig innovative und wenig nachhaltige Zukunftsaussichten.

Unsere Überzeugungsarbeit muss nun auf europäischer Ebene weitergehen.

Unsere Überzeugungsarbeit muss nun auf europäischer Ebene weitergehen – wo wir bei diesem Thema im Rahmen der GMO-Reform bereits einmal erfolgreich waren. In einem kürzlich geführten Gespräch mit der EU-Kommission wurden wir ermuntert, den digitalen Weg weiter zu bestreiten. Klar ist, dass Ende 2023 die obligatorische Kennzeichnungspflicht kommt und dass diese zunächst mit dem E-Label umgesetzt werden kann. Das Gesetzgebungsverfahren zur Reform der LMIV wird nach Einschätzung der EU-Kommission nicht vor Anfang 2025 abgeschlossen sein. Zudem wird eine Übergangszeit von 2 Jahren erwartet, so dass neue Regeln erst Anfang 2027 in Kraft treten werden. Hoffen wir, dass diese dann die digitale Kennzeichnung nicht nur als Ergänzung, sondern als echte Alternative vorsehen. Wir sollten bis dahin jedenfalls alles versuchen, dem Gesetzgeber zu zeigen, dass sich das E-label in der Praxis bewährt hat und für den Verbraucher ein echter Gewinn ist.

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