Quelle: DWI

Was muss künftig aufs Etikett?

Nicht nur die nationale Weingesetzreform wird Änderungen bringen.

Die Reform des deutschen Weinbezeichnungsrechts war das Schwerpunktthema auf den diesjährigen Weinbautagen. Die Diskussionen zeigten, dass die Branche hart um Kompromisse ringen muss, um mit einer Stimme sprechen zu können. Auch in Brüssel wird weiter an Regelungen gearbeitet, die Konsequenzen für die Gestaltung des Etiketts haben werden. Die Diskussion um die Kennzeichnung von Brenn- und Nährwert sowie Zutaten ist noch nicht beendet.

Zur Erinnerung: Die EU-Kommission hatte die Alkoholbranche bereits 2017 aufgefordert, einen Vorschlag zur Selbstregulierung für eine Nährwert- und Zutatendeklaration von alkoholischen Getränken vorzulegen. Der Weinsektor hat sich nach Ausarbeitung eines Vorschlags erfolgreich bei den europäischen Institutionen dafür eingesetzt, dass das Thema im Rahmen der GAP-Reform aufgegriffen und verpflichtende weinspezifische Bestimmungen in ihren Vorschlägen vorgesehen werden. Die Angabe der Nährwertdeklaration (beschränkt auf Kalorien) soll demnach künftig auf dem Etikett, die Mitteilung der Zutatenliste dagegen auf elektronischem Wege außerhalb des Etiketts erfolgen. Damit hat die Weinbranche einen anderen Weg bestritten als die Bier- und Spirituosenbranche, die sich durch entsprechende Initiativen im letzten Jahr (nur) für eine freiwillige Kennzeichnung entschieden haben.

Aus verschiedenen Gründen ist es unwahrscheinlich, dass die neue GAP vor 2021 verabschiedet wird. Auch deshalb arbeiten die europäischen Dachverbände derzeit Vorschläge für die Zusammensetzung einer Zutatenliste aus, die dann Gegenstand der von der Kommission zu verabschiedenden delegierten Rechtsakte sein könnten. Die Praxistauglichkeit und die allgemeine Akzeptanz (auch durch die WHO) soll so verbessert werden.

Welche Erwartungen und Nutzen hat der Verbraucher? Welchen Mehrwert hat eine Zutatenliste, wenn mit ihr oenologische Verfahren dem Verbraucher nicht erklärt werden können? Wie kann der Verbraucher bei Lektüre der Zutatenliste verstehen, dass der zur Anreicherung verwendete Zucker (vollständig) in Alkohol umgewandelt wurde, und dass er trotz der Zu- bzw. Angabe von Zucker auf dem Etikett einen trockenen Wein im Glas hat? Keine leichte Aufgabe! Unterschiede im Anreicherungsverfahren in den südlichen und nördlichen Weinbauländern (RTK gegen Saccharose) erschweren die Diskussion. Hier darf keiner Wettbewerbsnachteile erleiden!

Wichtig wäre, dass die Branche sich verständigt und anschließend mit einer Stimme spricht

Und wie wird der Verbraucher auf die Kommunikation von Nährwert- und Zutatenangaben reagieren? Wird er tatsächlich sein Kaufverhalten ändern? Oder wird er – wenn überhaupt – nur kurzfristig auf neue Angaben reagieren? Für den Erzeuger bleibt entscheidend, dass die zusätzliche Verpflichtung ihn nicht mit weiteren bürokratischen Anforderungen oder unverhältnismäßig hohen Kosten belastet.

Auch wenn es um das nationale Weingesetz geht, wird weiter über Erwartungen und Reaktionen der Verbraucher auf neue Bezeichnungen auf dem Etikett diskutiert. Einfacher und transparenter sollen die Bezeichnungen für den Verbraucher werden – dazu gehört auch, dass die Herkunftsstufen sich in Zukunft in ihrer Bezeichnung klar voneinander unterscheiden lassen. Anlass zu Diskussionen gibt weiterhin der künftige Umgang mit der Großlage. Als Kompromiss soll ein vierstufiges Herkunftssystem geschaffen werden, in dem die Großlage mit einer Zusatzbezeichnung versehen werden soll, die deutlich machen soll, dass es sich im Gegensatz zu einem (Einzel-) Lagenwein um einen Wein mit regionalem Charakter handelt. Übergangszeiten könnten dabei genutzt werden, um den Verbraucher langsam an neue Bezeichnungen heranzuführen. Das wird aber nicht von allen Erzeugern so gesehen. Wichtig wäre, dass die Branche sich verständigt und anschließend mit einer Stimme spricht – ohne einfaches, herkunftsbezogenes und qualitätsorientiertes System steuert Deutschland insbesondere auch international aufs Abstellgleis.

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