Der Weinmarkt befindet sich in einer strukturellen Krise. Welche Maßnahmen nun ergriffen werden müssen.
Die Lage der Winzer ist in Deutschland und ganz Europa sehr angespannt. Seit Monaten ist die aktuelle Situation auf dem Weinmarkt schwierig. Es ist schon lange klar – wir haben es hier nicht mit blichen saisonalen Schwankungen zu tun, sondern mit einer strukturellen Krise des Weinmarktes. Die Ursachen sind vielfältig: explodierende Kosten durch Inflation und Erhöhung des Mindestlohns, starke Kaufzurückhaltung der Verbraucher durch die aktuelle Rezession aber auch aufgrund eines gesteigerten Gesundheitsbewusstseins aber vor allem auch ein Überangebot auf vielen europäischen Weinmärkten. Betriebsaufgaben könnten beziehungsweise werden die Konsequenz sein und werden starke Auswirkungen auf die Wirtschaft in den ländlichen Räumen und auf unsere Kulturlandschaft haben. Es gibt nicht die Patentlösung, wie DWV-Präsident Klaus Schneider in seinem Standpunkt feststellt (s. hier), aber wir müssen gemeinsam mit der Politik schnelle Lösungsansätze finden, um unserem Berufsstand wieder eine Perspektive zu geben.
Die EU-Kommission hat angesichts der katastrophalen Marktsituation in Europa kürzlich Vertreter aller EU-Mitgliedstaaten sowie berufsständische Vertreter des Weinsektors nach Brüssel eingeladen, um im Rahmen einer neu einberufenen High-Level-Gruppe die aktuellen Herausforderungen des Weinsektors zu analysieren. Dabei wurden zahlreiche Visionen und Lösungsansätze aus der aktuellen Krise diskutiert – Krisenmaßnahmen, wie Krisendestillation und Programme zur endgültigen Rodung, eine Verbesserung der Absatzförderung oder die Weiterentwicklung neuer Produkte waren unter anderem Gegenstand der Diskussionen. Sicherlich die richtige Herangehensweise der EU. Viele Ideen brauchen jedoch längere Zeit zur Umsetzung oder brauchen gar eine Anpassung im Rahmen der GAP-Änderungen 2027. Wir brauchen jedoch sofort schnelle Lösungen.
Die Politik muss Maßnahmen ergreifen, die zu einer schnellen Kostensenkung für die Betriebe führen.
Christian Schwörer, DWV-Generalsekretär und ddw-Chefredakteur
Der DWV fordert seit langer Zeit die Einführung einer sogenannten Rotationsbrache als geförderte Biodiversitätsmaßnahme, die zeitgleich das Marktpotenzial fortwährend reduzieren könnte. Klare Forderung ist, dass diese Gemeinwohlleistung ausreichend honoriert werden muss. Eine Vollfinanzierung dieser Maßnahme, das heißt, der Ausgleich der Fixkosten sowie der Kosten der Biodiversitätsmaßnahme muss deshalb zwingend vorgesehen werden. Bisher hat der Bund nicht reagiert und weinbautreibende Länder konnten sich mit dem Vorschlag dieser Maßnahme in der Agrarministerkonferenz nicht durchsetzen. Wir richten erneut einen deutlichen Appell an die Politik, diese Maßnahme sofort einzurichten, die zu einer umgehenden Entlastung des Marktes führen würde.
Aber nicht nur der Markt muss entlastet werden, die Politik muss auch Maßnahmen ergreifen, die zu einer schnellen massiven Kostensenkung für unsere Betriebe führen. Eine der Stellschrauben wäre hier die steuerliche Risikoausgleichsrücklage. Zudem dürfen aktuell in der Planung befindliche Initiativen wie das Zukunftsprogramm Pflanzenschutz keinesfalls zu einer weiteren finanziellen Belastung der Betriebe führen.
Aber auch der Absatz muss wieder in Schwung kommen. Eine Intensivierung der Absatzfördermaßnahmen ist ein Ansatz, wird aber allein nicht ausreichen, insbesondere um auf aktuelle Angriffe der Alkoholgegner zu reagieren. Wir benötigen vielmehr eine Initiative, die dazu beiträgt, die kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung des Weins in Europa zu schützen. Wir begrüßen es daher außerordentlich, dass unsere Dachverbände aus Europa mit der VITÆVINO-Kampagne eine Grassroots-Kampagne angestoßen haben. Diese zielt darauf ab, den legitimen und nachhaltigen Platz des Weins in unserer Gesellschaft zu verteidigen und betont die Notwendigkeit, zwischen Alkoholmissbrauch und maßvollem Weingenuss zu unterscheiden. Am 1. Oktober 2024 fiel auch der Startschuss für die nationale Umsetzung der Kampagne. Die rheinland-pfälzische Weinbauministerin Daniela Schmitt hat als Schirmherrin für Deutschland die Kampagne offiziell in Mainz eröffnet. Auch wenn wir uns insbesondere Unterstützung durch die Politik und die Zivilgesellschaft erhoffen, rufe ich auch Sie auf: Unterstützen Sie die Weinkultur und unterzeichnen Sie die Erklärung unter www.vitaevino.org.