Gemeinsame Stellungnahme und Vorschläge zum Bürokratieabbau im Steuerrecht

Wie viele andere Wirtschaftsbereiche ist auch die Landwirtschaft mit bürokratischen Lasten und Wettbewerbsnachteilen konfrontiert, die über die zurückliegenden Jahre und Jahrzehnte kontinuierlich gewachsen sind. Die Arbeits- und Zukunftsfähigkeit des Landwirtschaftsstandorts Deutschland steht in Frage. Die Bürokratie, eine Vielzahl wenig sinnhafter Kontrollen und Regulierungen belasten die landwirtschaftlichen Betriebe und bremsen sie im europäischen Wettbewerb aus. Daher ist eine systematische, umfassende und fachübergreifende Befassung mit dem Thema dringend erforderlich.

Wir begrüßen deshalb ausdrücklich das mit dem Maßnahmenpaket für eine Wirtschaftsinitiative verbundene Ziel, auch im Steuerrecht zu entbürokratisieren – auch hier steckt viel Potential. Eine zeitnahe Umsetzung der Maßnahmen sollte selbstverständlich sein und unterstreicht die Ernsthaftigkeit.

Daneben ist von zentraler Bedeutung, dass neue gesetzliche Vorgaben keine zusätzliche Bürokratie und keine zusätzlichen Benachteiligungen schaffen. Dazu muss eine klare und einfache Rechtssystematik gewährleistet werden. Eine Folgenabschätzung im Hinblick auf wirtschaftliche bürokratische Konsequenzen sowie eine Prüfung auf  Übereinstimmung mit europäischen Vorgaben sollte zwingend erfolgen, ebenso eine konsequente Streichung überholter und widersprüchlicher Vorschriften. Aus unserer Sicht müssen die Maßnahmen praxisorientierter werden, insbesondere unter Einbeziehung der betroffenen Wirtschaftsbereiche. Auch hier ist der gemeinsamen Austausch im Rahmen eines Roundtable ein erstes positives Signal.

Nachfolgend sind die wichtigsten Regelungen für den Bereich Land- und Forstwirtschaft zusammengestellt, die dringender Überarbeitung bedürfen, um unnötige bürokratische Hürden abzubauen und zähe, zeitfressende Abläufe im Betriebsalltag der Land- und Forstwirte zu erleichtern:

Gesetz

Maßnahme

Begründung

§ 24 Abs.1 Satz 1 UStG

Anhebung der Umsatzgrenze bei Anwendung der Umsatzsteuer-pauschalierung gem. § 24 UStG im Zusammenhang mit Anhebung der Grenze für Ist-Besteuerung § 20 UStG von 600.000 € auf 800.000 €

Der Gesetzgeber hat die Grenze des § 20 Satz 1 Nummer 1 UStG zum 1. Januar 2020 angehoben und an die Grenze des§ 141 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AO angepasst. 

Bei der Einführung der Umsatzgrenze von 600.000 Euro in § 24 Absatz 1 Satz 1 UStG wurde auf die IST-Besteuerungsgrenze abgestellt, um einen systematischen Gleichlauf sicherzustellen. Durch die weitere Anhebung im Rahmen des Wachstumschancengesetzes auf 800.000 Euro wird dieser Gleichlauf zwischen der IST-Besteuerung bei der Umsatzsteuer und Buchführungspflicht beibehalten. Offensichtlich übersehen hat der Gesetzgeber dagegen, dass die Umsatzgrenze des § 24 UStG systemwidrig nicht der IST-Besteuerungsgrenze und der Buchführungsgrenze folgt. Aus diesen Gründen ist § 24 Absatz 1 Satz 1 USTG ebenfalls anzupassen.

§ 24 UStG

Erweiterte Übergangsfrist Pauschalierung / Regelbesteuerung

In der Praxis hat sich herausgestellt, dass ein kurzfristiger Wechsel von der Regelbesteuerung zur Pauschalierung oder umgekehrt zu erheblichen Problemen führt. Teilweise liegen die Zahlen für das vorangegangene Kalenderjahr erst in den ersten Monaten des Folgekalenderjahres vor. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen aber schon Entscheidungen getroffen werden, ob die Pauschalierung greift oder nicht, ob also die Umsatzgrenze von 600.000 € im Vorjahr überschritten worden ist oder nicht.

Es wird angeregt, analog der Regelung des § 241a HGB auf zwei aufeinander folgende Kalenderjahre abzustellen. Dies verschafft den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben mehr Planungssicherheit und kann insbesondere auch in der Erklärung und Umsetzung von

Änderungen besser berücksichtigt werden. Durch den Wegfall der Umsatzsteuerpauschalierung kommen nicht nur regelmäßige Vorsteuererklärungen auf die Betriebe zu, sondern das gesamte Rechnungswesen muss von der bisherigen Jahresbuchhaltung auf eine Monats- oder Quartalsbuchhaltung umgestellt werden.

§ 149 Abs. 2 AO

Angleichung von Abgabefristen für die Umsatzsteuer-Jahreserklärung

Für Steuerpflichtige, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln und Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erklären und steuerlich vertreten werden, endet die Abgabefrist am 31. Juli des Zweit- Folgejahres (§ 149 Abs. 2 AO). So ist die Steuererklärung des Kalenderjahres bis zum 31. Juli 2023 abzugeben (aktuell: Corona-bedingte verlängerte Abgabefristen). Dies betrifft allerdings nur die Abgabefrist für die Einkommensteuererklärung. Für die Umsatz- Jahreserklärungen gelten hingegen davon abweichende Abgabefristen, die wiederum bereits am 28. Februar des Zweit-Folgejahres abzugeben ist. Dies führt zu einem deutlichen und vermeidbaren Mehraufwand.

Es wird daher eine gesetzliche Klarstellung in § 149 Abs. 2 AO dergestalt angeregt, dass bei Landwirten mit abweichendem Wirtschaftsjahr die Frist für die Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung zeitgleich endet wie die Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung. Durch gleichlaufende Abgabefristen ergibt sich ein spürbarer Vereinfachungseffekt für Steuerpflichtige und Finanzverwaltung. Da die Umsatzsteuer-Jahreserklärung in der Regel nur eine Zusammenfassung der unterjährigen Umsatzsatzsteuer-Voranmeldungen darstellt, entsteht im Übrigen auch kein Steuerausfall.

§ 149 Abs. 2 AO

Angleichung der Abgabefristen für die Einkommen-steuererklärung und die gesonderte Gewinnfeststellung

Außerdem differenzieren einige Bundesländer bei Land- und Forstwirten zwischen den Abgabefristen für die Gewinnermittlung des landwirtschaftlichen Betriebes einerseits und der Einkommensteuerklärung des Steuerpflichtigen anderseits. So endet die Abgabefrist für die Gewinnermittlung am 31. Juli des Zweit-Folgejahres, die Abgabefrist für die Einkommensteuererklärung jedoch bereits am 28. Februar des Zweit-Folgejahres. Nur soweit keine abweichende Gewinnermittlung für den landwirtschaftlichen Betrieb erforderlich ist (also für Einzelunternehmen) fällt diese Abgabefrist zusammen.

Wir regen daher im Rahmen der Vereinfachung an, dass bei Landwirten mit abweichendem Wirtschaftsjahr auch die Einkommensteuererklärung erst dann abzugeben ist, wenn die Gewinnermittlung für den landwirtschaftlichen Betrieb abzugeben ist, in der Regel also am 31. Juli des Zweit-Folgejahres. Auch hierergibt sich durch gleichlautende Abgabefristen ein spürbarer Vereinfachungseffekt für Steuerpflichtige und Finanzverwaltung.

§ 142 AO

Streichung der Verpflichtung zur Abgabe eines Anbauverzeichnisses

Land- und Forstwirte sind aktuell gemäß § 142 AO verpflichtet, neben den jährlichen Bestandsaufnahmen auch ein Anbauverzeichnis nur für steuerliche Zwecke zu führen, aus dem sich die Fruchtarten der selbstbewirtschafteten Flächen im abgelaufenen Wirtschaftsjahr ergeben.

Vereinfachungsgründen wird angeregt, dass dieser Nachweis auch aus anderen vergleichbaren Unterlagen erfolgen kann und so die Notwendigkeit der separaten Erstellung des Anbauverzeichnisses nur für steuerliche Zwecke entfallen lassen.

§ 57 EnergieStG

komplexe und benutzer-unfreundliche Antragsstellung vereinfachen

weiterhin Antragstellung in Papierform ermöglichen

§ 14 UStG

e-Rechnung ab 2025

einheitliche Gestaltung der Bezeichnung von Positionen und Artikeln angelehnt an Artikelnummern des BMEL- Testbetriebsnetzes; Automatisierung der Mengenbuchhaltung über strukturierte und einheitliche Datensätze

§ 3 Nr. 72 EStG

Einführung einer Anlagenbetrachtung statt einer Gebäudebetrachtung

Abschaffung der Gebäudebetrachtung. Folgerichtig ist es unabhängig, auf welchem Gebäude sich eine Photovoltaik-Anlage befindet. Hat die Anlage bis zu 30 kWh peak, ist sie steuerfrei und hat sie mehr als 30 kWh peak, ist sie steuerpflichtig, egal auf welchem Gebäude. Es erfolgt keine „Verklammerung“ von Gebäuden und im Bereich der Land- und Forstwirtschaft eine Abschaffung der Hofstellenbetrachtung

§ 6 EStG

Anhebung der GWG-Grenze auf 1.200 €

Die weitere Anhebung stellt eine echte Entlastung von Bürokratie ohne zusätzliche Dokumentationspflichten dar.

Afa-Tabellen

Überarbeitung der Afa Tabellen

Die Afa Tabellen sind teilweise älter als 20 Jahre. Bei vielen gerade auch elektronischen Hilfsmitteln in Land- und Forstwirtschaft sind die Nutzungs- und Innovationszyklen deutlich kürzer geworden. Die Afa Tabellen sind daher zu aktualisieren.

§§ 7, 7b

Vereinheitlichung der Begriffe für die AfA

Alle Tatbestände vereinheitlichen und abstellen auf das Datum des Bauantrages.

§ 13a EStG

Einführung eines Freibetrages von 1.800 €

Im Rahmen der Reform der Gewinnermittlung nach
Durchschnittssätzen für kleinere land- und forstwirtschaftliche Betriebe wurde u. a. der Freibetrag von 1.534 Euro abgeschafft, der für Gewinne aus forstwirtschaftlicher Nutzung und bestimmte Sondergewinne gewährt wurde. Dadurch müssen auch geringfügige Gewinne – etwa aus der Eigennutzung von Brennholz – ermittelt und versteuert werden. Dies führt zu einem unverhältnismäßigen bürokratischen Aufwand.

§ 228 Absatz 2 BewG

Einführung einer Bagatellgrenze für Änderungsmeldungen im Bereich der Reinertragszuschläge

Nach § 228 Absatz 2 BewG sind alle Veränderungen, die Auswirkungen auf die Grundsteuer haben könnten, anzeigepflichtig. Die Prüfung der Auswirkungen erfolgen grundsätzlich durch die Finanzämter, da dem Bürger und der Wirtschaft eine Berechnung der Werte nicht zugemutet werden soll.

Für den Bereich der Land- und Forstwirtschaft ist dies grundsätzlich zu übernehmen und nachvollziehbar. Gleichwohl sind für die Landwirtschaft in bestimmten Konstellationen sog. Reinertragswertzuschläge vorzunehmen, um eine realitätsgerechte Abbildung der Betriebe zu gewährleisten. Diese Zuschläge erfolgen regelmäßig bei hoch spezialisierten Betrieben, die grundsätzlich steuerlich beraten sind.

Mit der Bagatellregelung wird dem praktischen Problem Rechnung getragen, dass der Steuerpflichtige bzw. regelmäßig dessen steuerlicher Berater jährlich geringfügige Änderungen melden müsste, obwohl absehbar keine Fortschreibung in Betracht kommt.

Diese Stellungnahme unterzeichneten: 

  • Deutscher Bauernverband (DBV)
  • Zentralverband Gartenbau e. V. (ZVG)
  • Familienbetriebe Land und Forst
  • Hauptverband der landwirtschaftlichen Buchstellen und Sachverständigen e.V. (HLBS)
  • Deutscher Weinbauverband e.V. (DWV)
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