Zur Frostbeihilfe und der Verordnung allgemein
Der Deutsche Weinbauverband setzt sich seit langer Zeit für eine Förderung der Mehrgefahrenversicherungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik ein und begrüßt, dass diese in Art. 58 Abs. 1 d) VO (EU) 2021/2115 sowie im nationalen GAP-Strategieplan für die meisten weinbautreibenden Bundesländer vorgesehene Interventionen sind. Unser Ziel ist es dabei, – in Übereinstimmung mit der GAP – dass sich Betriebe eigenverantwortlich gegen Risiken absichern können. Für uns ist daher elementar, dass Betriebe, die eine Ertragsversicherung nutzen bei der Auszahlung der EU-Krisenmaßnahme nicht schlechter gestellt werden als Betriebe, die bislang nicht versichert waren. Vielmehr muss es unser Ziel sein, die Betriebe, die sich bereits präventiv absichern, weiter zu unterstützen und mehr Betriebe zu einer Risikoabsicherung und Risikoprävention durch weitere Maßnahmen bei steigenden Gefahren durch widrige Witterungsverhältnisse zu motivieren.
Zum Referentenentwurf
Zu § 2 allgemein
Beihilfeberechtigt sind Unternehmen der landwirtschaftlichen Primärproduktion. Hierzu heißt es in der Begründung, dass beihilfefähig grundsätzlich Unternehmen der landwirtschaftlichen Primärproduktion, also bodenbewirtschaftende Betriebe, keine Verarbeiter, gemeint seien. Hier ist klarzustellen, dass auch weinbauliche Genossenschaften und weinbauliche Agrarbetriebe, die in einzelnen Anbaugebieten bis zu 50 Prozent der Fläche bewirtschaften und aus den Trauben ihrer Mitglieder Wein erzeugen, beihilfeberechtigt sein müssen. Dem widerspricht für die Weinbranche auch nicht die europäische Vorgabe, die als Begründung Art. 1 Abs. 3 i.V.m. Erwägungsgrund 2 der VO (EU) 2024/267, herangezogen wird. Vielmehr heißt es in Erwägungsgrund 2 der Verordnung, dass die Erzeugung bestimmter Weine durch die Frostwelle beeinträchtigt wurde. Die Bezugnahme auf den Begriff Wein und nicht Weintrauben statuiert insoweit für Winzergenossenschaften bereits auf Basis der europäischen Ebene eine Beihilfeberechtigung. Hilfsweise fordern wir, dass auch Genossenschaften für die Gesamtheit ihrer Mitgliedsbetriebe solche Anträge stellen können, bei denen die entsprechenden Flächen für die Mindestschadenssumme zusammengerechnet werden, sofern sie die Mittel nachher entsprechend an die Flächenbewirtschafter ausschütten.
Zu § 2 S. 1 Nr. 1
Viele Weinbaubetriebe sind klassische landwirtschaftliche Mischbetriebe. Hier ist in der Verordnung klarzustellen, dass eine Auszahlung für die Weinbauflächen, sofern alle Kriterien für den Sektor erfüllt sind, zu erfolgen hat. Hat ein Betrieb beispielsweise keine Schäden im Obstbau, jedoch wesentliche Schäden im Weinbau, muss eine Auszahlung für die Weinbauflächen allein möglich sein.
Zu § 2 S. 1 Nr. 3
Wir fordern die Absenkung der geforderten Mindestsumme des bereinigten Schadens in Höhe von 10 000 Euro auf 5 000 Euro. Für uns ist nachvollziehbar, dass das Minimieren des Verwaltungsaufwandes gewünscht ist und insoweit eine Mindestsumme vorgesehen wird. Diese ist mit 10 000 € für die Weinbranche jedoch deutlich zu hoch. Die Weinbranche zeichnet sich durch eine vielfältige und teilweise kleinstbetriebliche Unternehmensstruktur aus, die für den Erhalt der Kulturlandschaft, der Tourismusregionen sowie der Biodiversität, gerade in den besonders betroffenen Steillagengebieten, unverzichtbar sind. Diese wichtigen Betriebe werden durch die zu hoch angesetzte Mindestsumme nicht hinreichend berücksichtigt und bei gleicher Bedeutung für die weinbauliche Kulturlandschaft ohne Rechtfertigung ungleich behandelt. Den Erfüllungsaufwand der Behörden bei einer Mindestsumme von 5.000 EUR erachten wir als in Relation angemessen. Uns ist bewusst, dass eine niedrigere Mindestsumme mehr Betriebe in den Genuss der begrenzten Geldmittel brächte und so der Einzelbetrieb weniger Geld bekäme. Dies wird dennoch als der gerechtere Weg der Auszahlung erachtet – und stärkt zudem das Versicherungsprinzip, da sich die Versicherungsprämien stärker von der Beihilfe abheben würden.
Zu § 2 S. 2
Wir begrüßen, dass insbesondere in Nr. 2 die Möglichkeit geschaffen wird außergewöhnliche Ertragsjahre im Zeitraum der letzten 5 Jahre zu berücksichtigen. Für uns unklar bleibt jedoch, worauf sich der durchschnittliche Wert der flächengebundenen Erzeugung in Erlösen bezieht. Wir halten es für möglich, dass hier auf die Erlöse je Hektar bezuggenommen werden sollte und eine entsprechende redaktionelle Korrektur erforderlich wäre? Alternativ bitten wir um Klarstellung, wie die Berechnung anhand der Bezugsgrößen innerhalb eines gesamten Betriebes erfolgen soll.
Zu § 3 allgemein
Uns ist bewusst, dass die Auszahlung und Vergabe europäischer Beihilfen sowie eine entsprechend europäische Prüfung der Auszahlung immer an europäische Vorgaben geknüpft sind. Insoweit kritisieren wir die kurze Frist bis zum 31.12. für die Antragsteller, nehmen aber zur Kenntnis, dass dies eine europäische Vorgabe ist. Hinsichtlich der weiteren Vorgaben für den Antrag fordern wir ein unkompliziertes und unbürokratisches Verfahren. Die Abläufe sind den betroffenen Betrieben frühzeitig mitzuteilen, damit eine entsprechende Antragstellung erfolgen kann. Wir halten hier ein einheitliches Formblatt der Bundesländer, das frühzeitig veröffentlicht wird, für eine sinnvolle Unterstützung der Betriebe und zeitgleich für eine Entlastung der Verwaltung. Abzulehnen ist bereits jetzt ein – im Entwurf wohl auch nicht vorgesehener – Einzelnachweis durch entsprechende Bescheide oder Berechnungen. Hier sollte im Zweifel eine eidesstattliche Versicherung – auch aufgrund der kurzen Frist für die interne Prüfung der Betriebe – ausreichen. Wir fordern hier eine bürokratiearme Umsetzung!
Zu § 3 Abs. 2 Nr. 2
Wir lesen die bewirtschaftete Fläche als Ertragsrebfläche ab dem 2. Standjahr. Ab dem 2. Standjahr werden Erträge auf Flächen erzielt, die entsprechend im Frostfall ebenfalls ausgefallen sind. Hier fordern wir eine entsprechende Klarstellung, da vor allem Hochstammanlagen im zweiten Standjahr in der Regel schon in einem ordentlichen Ertragsbereich anzusiedeln sind.
Zu § 3 Abs. 2 Nr. 6a
Es ist nachvollziehbar, dass zu erwartende Versicherungsleistungen zu berücksichtigen sind. Im gleichen Maße müssen aber zwingend auch die gezahlten Prämien berücksichtigt werden. Wir sprechen uns dafür aus, dass die Prämien in vollem Umfang bei der Schadensberechnung als Aufwendungen anzurechnen sind. Je höher der versicherte Flächenwert, desto höher ist in der Regel die Prämie. Seitens der Antragsteller sind etwaige Förderungen aus GAP-Mitteln zu berücksichtigen, um eine Doppelförderung auszuschließen.
Zu § 4 Abs. 1 S. 4
Wir begrüßen ausdrücklich die Idee, dass Schäden auf Basis von regionalen Referenzwerten berechnet werden sollen. Dies vereinfacht die Beantragung und Kontrolle. In jedem Fall müssen insbesondere Terrassenlagen und Steillagen berücksichtigt werden, da hier ein erhöhter Erlös für das Kilo Trauben erreicht werden kann. Die Terrassenlagen und Steillagen als wesentliche Kernelemente der Kulturlandschaft sind insoweit besonders zu berücksichtigen. Es kann nicht der gleiche Ertragswert je Kilo Traube wie in der benachbarten Flachlage angesetzt werden – unter anderem aufgrund der deutlich höheren Produktionskosten. Darüber hinaus muss es einzelnen Betrieben möglich bleiben, Einzelnachweise zu führen, bspw. aus Kennzahlen des Finanzamtes oder der vorläufigen Bilanz. Zu berücksichtigen bei der Ermittlung des regionalen Referenzwertes ist auch, dass es unterschiedliche Durchschnittspreise für Selbstvermarkter und Fassweinerzeuger gibt. Gerne unterstützen wir bei der Erhebung von Daten.
Der Deutsche Weinbauverband e. V., kurz DWV, ist die Berufsorganisation der deutschen Winzerinnen und Winzer. Er vertritt die Gesamtinteressen seiner Mitglieder gegenüber internationalen und nationalen Institutionen und Organisationen und setzt sich dafür ein, die beruflichen Belange der deutschen Winzerschaft zu wahren und zu fördern.