DWV-Stellungnahme zu „Forderungen der Deutschen Weinbranche für die High-Level Group“

Die EU-Kommission hat eine High-Level Group gegründet, in der die Herausforderungen und Chancen für die europäische Weinbranche erörtert werden sollen. In der ersten Sitzung werden auch die Interessen der Deutschen Winzerinnen und Winzer im Rahmen durch die Vertreter der eingeladenen europäischen Interessenverbände vorgestellt. Neben dem Berufsstand nehmen Vertreter der EU-Kommission und   des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft an der High-Level Group teil.    Nachfolgend möchte der DWV im Vorfeld des ersten Treffens die Kernforderungen des deutschen Berufsstandes zusammenfassen.

 

Anbaustopp

DWV fordert einen vollständigen Anbaustopp für mindestens drei Jahre in ganz Europa. Nach Auffassung des DWV sind Krisenmaßnahmen und weiteres Wachstum nicht miteinander vereinbar. Dem DWV ist dabei bewusst, dass es Regionen gibt, die trotz der Krise ein Wachstum benötigen bzw. sich wünschen, was in der Diskussion thematisiert werden sollte. DWV unterstützt als Kompromiss die Position, dass es zumindest eine Regelung geben soll, die die Mitgliedstaaten ermächtigt, die Wachstumsrate der Pflanzungsgenehmigungen auf nationaler Ebene, auf Ebene der Regionen auf 0% zu setzen.

 

Für den DWV ist entscheidend, dass der Handel, der Tausch bzw. der Umzug von Pflanzrechten weiterhin verboten bleibt und möglicherweise sogar noch weiter eingeschränkt werden könnte.

 

Marktstabilisationsmaßnahmen

Nach Auffassung des DWV ist der Anbaustopp Grundvoraussetzung für weitere Marktmaßnahmen und sollte zumindest für Gebiete, die Marktstabilisationsmaßnahmen durchführen, automatisch für drei Jahre erfolgen.

 

Rodung

Der DWV unterstützt die europäischen Vorschläge zu einem Rodungsprogramm. Entscheidend dabei ist, dass im europäischen Recht ein Rahmen geschaffen wird, der dann im konkreten noch durch die Mitgliedstaaten ausgestaltet werden sollte. Die Rodung muss für die gerodete Fläche final sein und mit einem unbedingten Verlust der Pflanzrechte einhergehen. Eine Rodung mit Erhalt der Pflanzrechte ist nicht vorstellbar. Die Rodungsprämie darf in der Höhe dabei nicht attraktiver sein als Biodiversitätsmaßnahmen oder eine Steillagenförderung auf den Flächen. Der DWV unterstützt den Vorschlag insoweit, als dass so ein sozialverträglicher Ausstieg aus dem Berufsstand ermöglicht wird. Der Schutz der weinbaulichen Kerngebiete muss aber gewährleistet bleiben.

 

Biodiversitätsmaßnahmen – Rotationsbrache

Der DWV fordert die Einführung der sogenannten „Rotationsbrache“ als geförderte Biodiversitätsmaßnahme, die zeitgleich das Marktpotential reduziert. Diese sollte als Maßnahme explizit in das Weinsektorenprogramm aufgenommen werden. Dabei wird entscheidend sein, dass die Förderung der Gemeinwohlleistung ausreichend gestaltet ist. Daher fordern wir hier eine Vollfinanzierung anstelle der bisherigen Anteilsfinanzierung. Die Maßnahme kann dabei mehrjährig ausgestaltet sein. Entscheidend ist, dass mit Beginn der Maßnahme die Pflanzrechte bis zum Ende der Maßnahme auf der Fläche bleiben. Eine Wiederbepflanzung sollte die Regel sein. Die Prämienhöhe hat höher zu sein als die Rodungsprämie. Nach Auffassung des DWV reicht hierfür die sechsjährige Dauer der Wiederbepflanzungsgenehmigung aus. Eine Ausweitung ist nicht erforderlich. Der DWV würde sich in Kombination mit der Rotationsbrache einer Ausweitung der Dauer der Wiederbepflanzungsgenehmigung nicht verschließen.

 

Verlängerung der Pflanzgenehmigung und Verwaltungssanktionen

Der DWV lehnt eine Abschaffung der Verwaltungssanktionen sowie eine vollständige Entfristung der Pflanzgenehmigungen ab. Hierdurch wird ein unkontrollierbares Marktpotential geschaffen, das den Markt nicht stabilisieren würde, sondern das Gegenteil bewirkt. Der DWV kann sich aber vorstellen die Verlängerung der Wiederbepflanzungsgenehmigung sowie der Neuanpflanzungsgenehmigung, um einen überschaubaren Zeitraum zu unterstützen, um so das Marktpotential kurzfristig zu reduzieren und um einen Beitrag zur Biodiversität zu leisten, idealerweise in Verbindung mit der Rotationsbrache.

 

Destillation

Der DWV hält die Destillation auf Dauer nicht für ein geeignetes Werkzeug, um die strukturelle Marktsituation zu verbessern. In einzelnen Ausnahmefällen kann die Destillation jedoch ein kurzfristiges Werkzeug auf nationaler Ebene sein. Einen Wettlauf um europäische, neue Fördergelder, die nicht aus dem allgemeinen Rahmen der GAP kommen, lehnt der DWV jedoch auf Dauer ab.

 

Verstetigung der Kriseninstrumente sowie Nutzung der Agrarkrisenreserve

Der Rechtsrahmen der EU sollte auf Dauer den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer GAP-Strategiepläne die Möglichkeit geben entsprechende Maßnahmen zu etablieren. Eine dauerhafte Förderung aus der Agrarkrisenreserve, insbesondere als eine Art Wettlauf, lehnt der DWV ab. Die Kriseninstrumente könnten insoweit in das Weinsektorenprogramm aufgenommen werden.

 

Absatzförderung und Oenotourismus

Öffentliche Absatzförderungsbeihilfen der EU sind von entscheidender Bedeutung, damit der Weinsektor diesen Trend umkehren und mittel- bis langfristig wachsen kann. Die Erfahrungen der Empfänger dieser Beihilfen zeigen, dass die Beantragung, Durchführung und Rechtfertigung dieser Mittel unbedingt verbessert und erleichtert werden muss. Es ist unerlässlich geografische Angaben fördern zu können, indem die Regionen und die Kultur hervorgehoben werden, aber auch daran zu arbeiten, das Image des Weins auf den Märkten zu verbessern.

 

Der DWV unterstützt die Forderung nach einer Ausweitung der Möglichkeiten der Absatzförderung in Drittstaaten. Der DWV lehnt eine Ausweitung der Fördermöglichkeiten auf den europäischen Binnenmarkt ab. Dies muss aus Sicht der Deutschen Weinbranche mit allen Mitteln verhindert werden.

 

Aktuell können nur die Branchenverbände den Oenotourismus mit europäischen Mitteln auf Antrag fördern. Der Kreis der Begünstigten, die Zugang zu dieser Förderung haben, sollte auf Erzeugervereinigung ausgeweitet werden.

 

Zukunft des Bioweinbaus

Die zur Reduktion des Bewirtschaftungsrisikos von ökologischen Rebflächen kommunizierten Schriftsätze des BMEL unterstützt der DWV vollkommen. Einziger kurz- und mittelfristig nachzuverfolgender Lösungsansatz ist die Zulassung von Kaliumphosphonat im ökologischen Rebschutz. Die Argumente liegen auf dem Tisch und sind wissenschaftlich geprüft. Uns erreichen Anrufe von Winzern und Winzerinnen, welche den Ökoweinbau aufgeben wollen, wenn nicht sehr zeitnah die Zulassung von Kaliumphosphonat erfolgt. Ein EGTOP-Antrag sollte mit Unterstützung des JKI baldmöglich erstellt und eine etwaige Ablehnung wissenschaftlich durch das JKI geprüft und angefochten werden. Die EU-Kommission muss sich zu einem umweltfreundlichen und risikoarmen ökologischen Rebschutz bekennen und die entsprechenden wissenschaftlich-basierten Entscheidungen treffen.

 

Zukunft der Steillage

Der DWV sorgt sich um die Zukunft der Kulturlandschaft prägenden aber wirtschaftlich immer schwieriger zu bewirtschaftenden Steillage, die für zahlreiche Anbaugebiete elementar ist. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund einer angestrebten Rodungsprämie, die zu einem geförderten Verlust und Umzug der Flächen aus der Steillage in die Flachlage führen wird. Auch ein Ausweichen auf Biodiversitätsflächen oder PV-Anlagen würde zu einem Verlust der Kulturlandschaft führen. Zusätzlich besteht das Risiko einer verstärkten Drieschenproblematik. Daher sollte als dauerhafte Fördermaßnahme die Förderung der Steillage vorgesehen werden und mit einer Fördersumme ausgestaltet werden, die attraktiver gestaltet ist als die Rodung und der Ausstieg aus dem Berufsstand. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund der wissenschaftlich belegten herausragenden Bedeutung der Steillagen für die Biodiversität[1].

 

Allgemeine Forderungen

Die Weinbranche ist ein Sektor, der in den letzten Jahren zahlreichen Reformen unterworfen wurde, mit kaum Zeit sich diesen anzupassen. Wir empfehlen nach der Einführung der Marktstabilisationsmaßnahmen eine Art „Regulierungspause“, um den Neufassungen eine Chance zu geben, sich auszuwirken.

Darüber hinaus bleibt die Verwaltungsvereinfachung ein vorrangiges Ziel auf europäischer und nationaler Ebene. Einerseits muss versucht werden, das Bestehende klarer zu machen, andererseits muss sichergestellt werden, dass die Vorschriften nicht mit jedem neuen Text komplexer werden. Auch die Antragserfordernisse sowie Meldungen müssen vereinheitlicht, verkürzt und zeitlich gleichgezogen werden.

 

Der Deutsche Weinbauverband e.V., kurz DWV, ist die Berufsorganisation der deutschen Winzerinnen und Winzer. Er vertritt die Gesamtinteressen seiner Mitglieder gegenüber internationalen und nationalen Institutionen und Organisationen und setzt sich dafür ein, die beruflichen Belange der deutschen Winzerschaft zu wahren und zu fördern.

[1] JKI Presseinformation Nr. 18 vom 01. November 2022: Weinbau-Steillagen der Mosel sind ein Hotspot der Artenvielfalt https://www.julius-kuehn.de/media/Presse_PI/2022/PDF/PI2022-18_Weinbau_in_Steillagen.pdf

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