Den Wandel schaffen

Quelle: DWI

Bis 2030 sollen 30 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland biologisch bewirtschaftet
werden. Wie ist das realisierbar?

Mit dem »Green Deal«, ihrem umweltpolitischen Gesetzesentwurf, verfolgt die EU-Kommission einen nachhaltigen Wandel. Teil dieses Wandels sind auch die Inhalte der sogenannten Farm-to-Fork-Strategie, die einen tiefgreifenden Wandel hin zu mehr nachhaltiger Landwirtschaft und Umweltschutz herbeiführen sollen.

Vorgesehen ist, dass der Einsatz und das Risiko von chemischen Pflanzenschutzmitteln bis 2030 EU-weit um 50 Prozent verringert werden müssen. Zudem sollen mindestens 25 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in der EU für Bio-Anbau genutzt werden. Deutschland zeigt sich hier in den letzten Tagen noch ambitionierter. Mit knapp acht Wochen Verspätung hat Deutschland seinen GAP-Strategieplan in Brüssel vorgelegt, in dem das Ziel 30 Prozent Ökolandbau bis 2030 verankert wurde. Damit setzt Landwirtschaftsminister Özdemir die Bio-Landwirtschaft in den GAP-Fokus.

Viele Erzeuger fragen sich, wie diese Ziele umsetzbar sein werden. Welche Auswirkungen haben die vorgeschlagenen Ziele auf die EU-Landwirtschaft und das Ernährungssystem? Mit diesen Fragen beschäftigen sich derzeit mehrere Studien und kommen dabei zu sehr ernüchternden Ergebnissen. Die kürzlich veröffentlichte Studie der niederländischen Wageningen University & Research (WUR) sieht eine geringere landwirtschaftliche Produktivität, höhere Lebensmittelpreise für Verbraucher sowie eine steigende Abhängigkeit von Importen als Folgen der »Farm-to-fork-Strategie« an. Konkret führt laut Studie die Umsetzung der Ziele zu einem Rückgang der erzeugten Mengen pro Kulturpflanze um durchschnittlich 10 bis 20 Prozent. Für Wein liegt der geschätzte durchschnittliche Ernterückgang bei 21 Prozent. Erwartet werden zudem Preissteigerungen, die bei Wein über 30 Prozent betragen könnten. Der internationale Handel wird sich dadurch erheblich verändern. Die EU-Exporte werden voraussichtlich zurückgehen und die EU-Importe werden steigen. Laut Studie wird ein Rückgang des EU-Weinexportes um 82 Prozent zu erwarten sein. Düstere Aussichten!

Es müssen verschiedene Lösungsansätze auch für kurz- und mittelfristige Herausforderungen beleuchtet werden.

Um die negativen Auswirkungen der Reduktion von Pflanzenschutzmitteln vor allem bei Dauerkulturen zu verringern, sieht die Studie einen erhöhten Bedarf an Innovationen insbesondere im Bereich der Pflanzenschutztechniken und auch der Züchtung. Die Umstellung auf pilzwiderstandsfähige Rebsorten wird in Deutschland schon intensiv diskutiert. Neben der vielfach thematisierten Akzeptanz der neuen Rebsorten sowohl auf Seiten der Erzeuger als auch der Verbraucher, müssen wir vor allem berücksichtigen, dass der Prozess einer Umstellung Jahrzehnte in Anspruch nehmen würde. Die Champagne begibt sich als erste geschützte Ursprungsbezeichnung in Frankreich auf einen neuen Weg und testet in ihrem Gebiet eine Rebsorte, die gegen Falschen und Echten Mehltau resistent ist. Diese Anpassung in der Produktspezifikation der Champagne geht dabei auf eine Änderung in der Gemeinsamen Marktorganisationsverordnung (GMO) zurück, die es ermöglicht ab 2023 Rebsorten, die nicht zu 100 Prozent Vitis vinifera sind, in die Spezifikationen der geschützten Ursprungsbezeichnungen aufzunehmen. Dieser »Anpassungsversuch« ist zunächst auf fünf Jahre angelegt und darf maximal 5 Prozent der Anbaufläche eines Betriebs umfassen. Die Champagne möchte so auf die Zukunftsherausforderungen der französischen Weinwirtschaft reagieren.

Sicherlich sind die neuen Rebsorten ein Baustein auf dem Weg in die Zukunft, insbesondere auch des Ökoweinbaus. Jedoch müssen Chancen und Risiken sowie verschiedene Lösungsansätze auch für kurzund mittelfristige Herausforderungen – insbesondere auch was den Rebschutz betrifft – umfassender beleuchtet werden, wenn man über die Zukunft des Ökoweinbaus nachdenkt. Der Deutsche Weinbauverband wird im Rahmen des 64. Internationalen DWV-Kongresses am 13. April 2022 sein Projekt »Weinbau.Zukunft. Donauraum« fortsetzen und mit seinen östlichen Nachbarländern intensiv zu diesem Themenkomplex diskutieren.

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