30 Prozent Ökoweinbau fordert Deutschland, 25 Prozent Ökoweinbau fordert die EU – ist das realistisch mit den aktuellen Gegebenheiten, oder wie es DWV-Vizepräsident Thomas Walz als Moderator der Podiumsdiskussion im Rahmen der Tagung »Weinbau.Zukunft.Donauraum: Zukunft des Bioweinbaus – Chance und Risiken« formulierte: »Haben wir den richtigen Werkzeugkasten, um den Bioweinbau zukunftssicher zu machen?« Eine spannende Fragestellung, mit der sich der Berufsstand, die Politik und die Wissenschaft intensiv auseinandersetzten.
Aufgrund des Klimawandels wird der Weinbau in Europa zunehmend mit extremen Wetterereignissen und über längere Zeit hinweg stabilen Wetterlagen konfrontiert. Die Folgen sind unter anderem lange Phasen von langanhaltender Feuchtigkeit. Dies führte im letzten Jahr zu starken Peronosporainfektionen mit zum Teil extremen Ertragsausfällen in zahlreichen Weinanbaugebieten Mittel- und Südeuropas. »Das Interesse im Berufsstand ist grundsätzlich sehr groß, auf ökologische Bewirtschaftung umzustellen. Gleichzeitig werden die Risiken der Wirtschaftlichkeit aufgrund der eingeschränkten Handlungsoptionen wegen den schwierigen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Pflanzenschutzmittelanwendung gesehen«, so DWV-Vize-Präsident Walz. »Es muss unser Ziel sein, den Bioweinbau in die Fläche zu bringen, wie es von der EU-Kommission gefordert wird.«
Nach der Vorstellung der Perspektiven des Ökoweinbaus durch die EU-Kommission und Präsentationen der Situation des Bioweinbaus in verschiedenen Donauanrainerstaaten diskutierte DWV-Vize-Präsident Thomas Walz mit Vertretern des Berufsstandes (Jan Plagge, Präsident von Bioland und IOFAM Europe sowie Milan Hluchý, Präsident Ekovin Tschechien), des Bundesministeriums für Landwirtschaft (Abteilungsleiter Dr. Burkhard Schmied), der Wissenschaft (Hofrat Franz Rosner vom Bundesamt für Wein- und Obstbau) sowie mit den EU-Abgeordneten Christine Schneider und Simone Schmiedtbauer aus Österreich.
Einigkeit bestand, dass die großflächige Anpflanzung von neuen, pilzwiderstandsfähigeren Rebsorten Teil einer mittel- und langfristigen Strategie ist. Dafür müsse aber ausreichend Pflanzgut verfügbar sein. Weiterhin seien auch die Absatzmöglichkeiten mitzuentwickeln. Zu berücksichtigen ist auch, dass eine Umstellung von Rebsorten 30 bis 40 Jahre dauert.
Vor diesem Hintergrund fordert der Berufsstand eine sinnvolle Ergänzung der Handlungsoptionen des Ökoweinbaus im Pflanzenschutz. Dies könnte durch eine limitierte und zeitlich begrenzte oder an klimatische Bedingungen geknüpfte Zulassung von Phosphonaten im Ökoweinbau erfolgen. Gleichzeitig stellt dies einen Beitrag zur Kupferoptimierung und -minimierung dar. Auch Prognosemodelle seien weiter zu verbessern. Boden- und Pflanzenschutz, sowie die ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit für die Betriebe und die Umwelt seien in Einklang zu bringen.
MdEP Christine Schneider ging auf die individuelle Betroffenheit vieler Betriebe sowie die Folgen für die Branche insgesamt ein. »Ohne Anpassung des »Werkzeugkastens« sehe ich die Gefahr, dass wir zahlreiche Ökobetriebe verlieren. Ein langfristiger Lösungsansatz liegt in der Rebenzüchtung und der Weiterentwicklung der PIWIS. Kurzfristig müssen wir aber die Möglichkeiten im Pflanzenschutz wieder erweitern!« MdEP Simone Schmiedtbauer lobte die Geschlossenheit und Einigkeit der Erzeugerinnen und Erzeuger: »Die Herausforderungen für alle Erzeugerinnen und Erzeuger sind groß. Die Ökoweinproduktion soll in den nächsten Jahren spürbar erhöht werden. Ich freue mich, dass die Winzerinnen und Winzer bereit sind, diesen Weg zu mehr Nachhaltigkeit zu gehen. Jetzt liegt es an der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten, die erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen und dabei vor allem die wirtschaftliche Komponente nicht außer Acht zu lassen.«
DWV-Präsident Klaus Schneider zeigte sich in seinem Abschlussstatement zufrieden: »Der Bioweinbau ist aufgrund der Nachhaltigkeitsstrategie der EU von hoher Bedeutung in allen Donauanrainerstaaten. Entgegen dem politischen Willen steigt die Zahl der neuen Biobetriebe nicht schnell genug. Hierfür gibt es gute Gründe und wir sind froh, dass es uns gelungen ist, eine entsprechende Abschlussresolution zu verfassen, an der sich unter anderem Weinbauverbände aus Deutschland, Österreich, Tschechien und Ungarn sowie Bioverbände wie Ecovin Deutschland, Ekovin Tschechien, Bioland und PIWI International beteiligen. Nun müssen wir mit dieser Resolution an die Politik herantreten.« Präsident Schneiders Dank gilt insbesondere auch Landwirtschaftsminister Hauk, der sich im Rahmen einer Veranstaltung mit der EU-Kommission Ende letzten Jahres klar für die Wiedereinführung von Kaliumphosphonat eingesetzt hatte: »Eine so breite Geschlossenheit der Erzeuger für die Zukunftssicherung des Bioweinbaus sucht in Europa bislang ihresgleichen!«
Auch DWV-Generalsekretär Christian Schwörer zeigt sich erfreut: »Es ist mit diesem Projekt gelungen, mit den mittel- und osteuropäischen Staaten die gemeinsame Zusammenarbeit zu intensivieren und weiterzuentwickeln.« Das vom Staatsministerium Baden-Württemberg geförderte Projekt »Weinbau.Zukunft.Donauraum – Auswirkungen des Klimawandels auf den Weinbau« startete 2018. Auch nach Abschluss des Projektes solle dieser intensive Austausch fortgesetzt werden. Der DWV werde hier gerne weiterhin als Plattform fungieren