DWV-Stellungnahme zum Kompromissvorschlag im Europäischen Rat zur Reform der geografischen Angaben (GI)

Wir haben den letzten Kompromissvorschlag im Europäischen Rat zur Kenntnis genommen, der am 27. April von der schwedischen Ratspräsidentschaft zur Reform der geografischen Angaben (GI) vorgelegt wurde. Wir sind der Ansicht, dass dieser Text, ebenso wie Teile der vorherigen Entwürfe der Ratspräsidentschaft, in mehreren Aspekten für Weine mit Herkunftsbezeichnung schädlich ist.

 

Kontrolle und Etikettierung bei geografischen Angaben für Wein (Art. 38 und Art. 37 des Vorschlags)

Wir bedauern, dass die Präsidentschaft vorschlägt, dass die Bestimmungen der Kontrolle in der neuen Verordnung auch für Wein gelten sollen. Wir sind der Meinung, dass es für die Marktteilnehmer von größter Bedeutung ist, einen einfachen und verständlichen Regelungsrahmen für die Kontrollen und die Etikettierung von Weinbezeichnungen zu erhalten.

Was die Kontrollen betrifft, schloss der Vorschlag der Europäischen Kommission in Art. 38 (1) Weine mit geografischer Angabe aus dem Anwendungsbereich des Kapitels 4 der neuen Verordnung aus, was wir angesichts der Überarbeitung der Bestimmungen zur Weinkontrolle, die vor Kurzem infolge der Reform der GAP nach 2022 in Kraft getreten ist, für kohärent halten. Wir fordern Sie daher auf, den derzeit auf dem Tisch liegenden Ratsentwurf [27. April 2023] abzulehnen, der darauf abzielen würde, die Kontrollmaßnahmen in drei Verordnungen – Vorschlag für eine horizontale Geoschutz-Verordnung, Verordnung 1308/2018 und Verordnung 2017/625 – aufzuteilen. Eine solche Gliederung würde die Umsetzung der Kontrollmaßnahmen durch die Wirtschaftsbeteiligten und die Mitgliedstaaten keinesfalls erleichtern. Dies gilt insbesondere für die Kontrolle der oenologischen Verfahren.

In Bezug auf die Kennzeichnungsbestimmungen ist der derzeitige in den Änderungsanträgen vorgesehene Wortlaut ebenfalls verwirrend. Es ist schwierig, die Verbindung zwischen Art. 37 des Vorschlags für eine horizontale Geoschutz-Verordnung und den Art. 119 und 120 der GMO zu verstehen. Unserer Ansicht nach wäre es einfacher, die Weinbaubestimmungen aus Art. 37 des Vorschlags für die horizontale Geoschutz-Verordnung zu streichen und den Vorschlag des schwedischen Ratsvorsitzes in Art. 120 der GMO einzufügen.

Des Weiteren lehnen wir eine verpflichtende Angabe von EU-Labeln für Wein in der Etikettierung und im Werbematerial, wie es in Art. 37 (2) des letzten Ratsentwurfs [27. April 2023] vorgesehen ist, strikt ab. Wir plädieren stattdessen für eine Beibehaltung des Status quo in Bezug auf die Regeln für Geoschutz-Logos; die Kennzeichnung mit solchen Logos soll weiterhin auf freiwilliger Basis erfolgen.

 

Wein-Paket

Wir bedauern sehr, dass der aktuelle Ratsentwurf vom 27. April 2023 den Erwartungen der Weinbranche hinsichtlich der Beibehaltung von Bestimmungen im Rahmen der GAP nicht gerecht wird. Wie Sie wissen, hat sich der Agrarausschuss des Europäischen Parlaments (EP) auf ein „Weinpaket“ geeinigt, das unseren Erwartungen entspricht. Unserer Meinung nach handelt es sich um einen ausgewogenen Ansatz, der die Besonderheiten unseres Sektors bewahrt und gleichzeitig einen gemeinsamen Rahmen von Regeln für die europäischen geografischen Angaben schafft. Das EP schlägt vor, die Artikel über die Verfahren zur Eintragung, Änderung, Einspruch und Löschung von geschützten Angaben sowie über die Funktionsweise von Erzeugergemeinschaften in die horizontale Verordnung zu übertragen. Es möchte jedoch die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit, dem Schutz und der Kennzeichnung in der GAP beibehalten. Wobei wir ergänzen, dass uns dieser konkrete Vorschlag gerade im Bereich „Nachhaltigkeit“ mit den vorgenommenen Aspekten zu weit geht.

Dieses Weinpaket ist für uns ein strategischer Punkt, da der EU-Weinmarkt durch eine Qualitätspolitik mit spezifischen Regulierungsinstrumenten gekennzeichnet ist (2/3 der Weine in der EU sind GI-Weine). Wir fordern Sie daher nachdrücklich auf, einen ähnlichen Ansatz im Rat zu unterstützen. Dies ist aus unserer Sicht ein für alle Parteien tragbarer Kompromiss.

 

Erzeugergruppen

Im Hinblick auf die in den Vorschlägen enthaltenen Regelungen für die Erzeugergruppen begrüßen wir einleitend zunächst die in den Artikeln 32 und 33 des Vorschlags niedergelegte Absicht, die Verwaltung der geschützten Angaben weiter in den Händen der bereits bestehenden Schutzgemeinschaften bewahren zu wollen. Es ist von grundlegender Bedeutung, dass diese bereits seit Jahren praktizierte Regelung als Ergebnis nationaler Besonderheiten und Entscheidungen nicht in Frage gestellt wird.

Allerdings weisen der Vorschlag und die veröffentlichen Änderungsanträge bezüglich der Regelungen über die Erzeugergemeinschaften unsere Ansicht nach noch zahlreiche Problemfelder auf. Hierzu werden wir uns zeitnah detailliert äußern und fordern, dass Sie sich bereits jetzt für die Möglichkeit der Finanzierung einsetzen.

 

EUIPO

Weiterhin möchten wir noch einmal betonen, dass wir eine offizielle gesetzliche Übertragung von über rein administrative Aufgaben hinausgehenden Zuständigkeiten auf das EUIPO strikt ablehnen. Mit Interesse haben wir die Vorschläge der schwedischen Ratspräsidentschaft [27. April 2023] zur Kenntnis genommen, die vorsehen, dass das EUIPO keine Rolle bei der Verwaltung unserer Spezifikationen auf europäischer Ebene spielen soll. Wir unterstützen diesen Ansatz grundsätzlich, fragen uns aber, was aus dem Protokoll wird, das zwischen der Generaldirektion für Landwirtschaft und dem EUIPO unterzeichnet wurde. Zum jetzigen Zeitpunkt bleiben wir daher bei unserer Forderung, dass das EUIPO nicht im Antrags- und Änderungsverfahren beteiligt wird, sondern im Rahmen seiner Kompetenzen als Amt für geistiges Eigentum auch für die Weinerzeugerinnen und Weinerzeuger tätig wird.

 

Forderung

Wir fordern Sie auf, diesen Vorschlag in seiner jetzigen Form nicht zu akzeptieren, und fordern Sie auf, tiefgreifende Änderungen zu erwirken, um die Besonderheiten der Weinbranche zu berücksichtigen. Wir zählen auf Ihre Unterstützung, um unsere Positionen bei der politischen Sitzung des Besonderen Agrarausschusses am 8. Mai zu schützen. Wir können ein auf diesen Positionen beruhendes Mandat des Rates für die Trilogverhandlungen nicht akzeptieren.

Darüber hinaus kündigen wir an, zu weiteren Aspekten und nationalen Besonderheiten, insbesondere zu Erzeugergruppen, ihrer Finanzierung und zur Nachhaltigkeit kurzfristig eine weitere Stellungnahme abzugeben, sobald der konsolidierte Bericht des Agrarausschuss des Parlaments vorliegt.

Der Deutsche Weinbauverband e.V., kurz DWV, ist die Berufsorganisation der deut­schen Winzerinnen und Winzer. Er vertritt die Gesamtinteressen seiner Mitglieder gegenüber internationalen und nationalen Institutionen und Organisationen und setzt sich dafür ein, die beruflichen Belange der deutschen Winzerschaft zu wahren und zu fördern.

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