Lockerungsmaßnahmen werden sehnsüchtig erwartet,
die Folgen von Corona werden lange nachwirken.
In Niedersachsen sollen vom 11. Mai an Restaurants, Cafés und Biergärten wieder öffnen dürfen. Die Auslastung müsse dabei aber auf höchstens 50 Prozent begrenzt werden, teilte die Landesregierung am Montag mit. Die Kontaktbeschränkungen, wie etwa die Zwei-Personen-Regel, sollen bis Ende Mai bestehen bleiben und auch beim Besuch von Gastronomieeinrichtungen gelten. Bayern zog am Dienstag mit der Ankündigung eines mehrstufigen Plans zur Wiedereröffnung der Gastronomie nach. Diese Ankündigungen über erste Pläne zur Lockerung im HORECA-Bereich hat auch unsere Weinbaubranche mit Freude aufgenommen. Insgesamt 20 bis 30 Prozent des Weinabsatzes fließen über diesen Kanal.
Dennoch müssen wir uns weiter in Geduld üben. Weinfeste und Weinmessen werden als »Großveranstaltungen« erstmal nicht stattfinden können. Das wird sich beim Weinabsatz in den nächsten Wochen und Monaten ebenso bemerkbar machen wie die noch geschlossene bzw. nur eingeschränkt geöffnete Gastronomie und der ruhende Weintourismus.
Zu diesem Ergebnis kommt auch die Hochschule Geisenheim University in ihrer Sonderauswertung »Die Auswirkungen von Corona auf die deutschen Weinproduzenten«, die sie im Rahmen ihrer vierteljährlichen Konjunkturanalyse durchgeführt hat (ausführliche Darstellung der Ergebnisse in der nächsten ddw-Ausgabe 11/2020). Die Studie belegt u.a., was sich in den letzten Wochen schon angedeutet hat. Die Corona-Maßnahmen haben zu einer eindeutigen Verschiebung des Absatzes in den LEH und den Onlinehandel geführt. Stark verloren haben Gastronomie, Export und Fachhandel. Für das 2. Quartal werden noch deutlich stärkere Auswirkungen erwartet.
Die Unsicherheit in der Branche wird so lange bestehen bleiben bis ein Gesamtkonzept aller Bundesländer umgesetzt wird.
Christian Schwörer, DWV-Generalsekretär und ddw-Chefredakteur
Die Unsicherheit in der Branche wird so lange bestehen bleiben, bis ein Gesamtkonzept für die langsame Rückkehr zur Normalität in allen Bundesländern angenommen und umgesetzt wird. Voraussetzung ist aber immer, dass sich das Infektionsgeschehen auch nach den schrittweisen Lockerungen weiterhin so moderat entwickelt wie bisher. Die Branche geht jedenfalls davon aus, dass die angespannte wirtschaftliche Situation nach Corona starke Auswirkungen auf den Strukturwandel der Weinbranche haben wird, so auch die Ergebnisse der Geisenheimer Studie. Wichtig ist daher, dass uns von der EU eine klare Perspektive gegeben wird, auch für die schwierige Zeit nach der Pandemie. Soforthilfen und sofortige Krisenmaßnahmen zur Beseitigung von eventuellen Marktstörungen sind nicht ausreichend. Vielmehr sollte jedem Mitgliedstaat längerfristig eine »Toolbox« mit Krisenmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden, aus der er in Absprache mit der Branche die geeignete auswählen kann. Notwendig ist jedoch, dass die Branche ein zusätzliches Budget von der EU erhält. Eine Umschichtung von Geldern aus dem Nationalen Stützungsprogramm, wodurch statt Umstrukturierungen und Investitionen Maßnahmen zur Marktstabilisierung finanziert werden, ist nach einhelliger Meinung der europäischen Weinbaubranche der falsche Weg. Vom Umfang her wäre der Topf ohnehin zu klein bzw. auch nicht mehr ausreichend gefüllt. Die Signale aus Brüssel waren jedoch Anfang der Woche nicht positiv – die vorgeschlagene Ausgestaltung der Maßnahmen unzureichend und ohne neues Budget. Es geht also in die nächste Runde mit der EU-Kommission. Die EU-Abgeordneten haben diese Woche dankenswerterweise erneut ihre Unterstützung zugesagt.
Mehr Grund zur Freude gibt wohl die aktuelle Situation der Saisonarbeitskräfte. Die Anmeldung der insbesondere rumänischen Saisonarbeiter und die Einreise funktionieren trotz einiger Zwischenfälle reibungslos. Aus Polen können die Saisonarbeiter weiter auf dem Landweg einreisen. Die Branche ist überwiegend zufrieden mit der Verfügbarkeit von Arbeitskräften. Die Politik richtete nochmals einen deutlichen Appell an die Branche, die Hygiene- und Quarantänevorgaben einzuhalten. Mitte Mai wird geprüft, ob die Einreisebestimmungen die Aufrechterhaltung der Plattform erfordern. Klar ist jedenfalls, dass die Branche insbesondere auch im Juni Saisonarbeiter braucht und auch bekommen wird.