Quelle: DWI

Ambitionierte Ziele

EU-Ratspräsidentschaft: Neben der Bewältigung der Corona-Krise und ihrer Folgen will Deutschland die GAP-Verhandlungen entscheidend voranbringen.

Spannende sechs Monate liegen vor uns – wir erwarten große Weichenstellungen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene. Noch in diesem Jahr will das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die Reform des deutschen Weinrechts abschließen. Die im Deutschen Weinbauverband organisierten Erzeuger sprachen sich erst kürzlich erneut für einen konsequenten Übergang in ein klar strukturiertes Herkunftssystem aus. Dabei fordern sie ausreichend lange Übergangsfristen, um die gebotene System- und Bezeichnungsumstellung vornehmen zu können (vgl. S. 9).

Auch auf europäischer Ebene hat sich das BMEL große Ziele für die nächsten Monate gesteckt. Seit dem 1. Juli hat Deutschland das 13. Mal in der Geschichte der Europäischen Union und das erste Mal seit 2007 wieder den Vorsitz der EU-Ratspräsidentschaft inne. Eine große Herausforderung und Verantwortung – aber vor allem eine große Chance, erfolgreich als Vermittler die Interessen der 27 Mitgliedstaaten zusammenzubringen und die Verhandlungen zur EU-Agrarpolitik entscheidend voranzubringen. Die Branche hat große Erwartungen!

Wenn immer mehr von unserer Branche verlangt wird, dann muss uns für Umweltleistungen auch Geld zur Verfügung stehen.

Die deutsche Ratspräsidentschaft möchte den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft entscheidend mitgestalten. In ihrem Arbeitsprogramm setzt sie als Schwerpunkte eine ambitionierte Klima-, Umwelt- und Biodiversitätsschutzpolitik sowie eine nachhaltige Landwirtschaft und die Zukunftsfähigkeit ländlicher Räume. In diesem Zusammenhang nennt sie die Schlagworte Green Deal, Farm-to-Fork, Biodiversitätsstrategie und Neuausrichtung der gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP).

Es wird eine Neuausrichtung der GAP geben, daran wird nicht zu rütteln sein. Der Forderung der Gesellschaft nach mehr Umwelt- und mehr Klimaschutz wird dabei Rechnung getragen. Es wird daher in der ersten Säule künftig keine Zahlungen geben, ohne dass diese an Konditionen geknüpft sind. Eines sollte dabei jedoch ganz klar sein: Ohne einen angemessenen Agrarhaushalt ist eine derartige Neuausrichtung nicht möglich. Wenn immer mehr von unserer Branche verlangt wird, dann muss uns für Umweltleistungen auch Geld zur Verfügung stehen. Deshalb ist es wichtig, dass der Agrarhaushalt sehr schnell verabschiedet wird. Positiv hat die Branche daher vernommen, dass Deutschland in der Präsidentschaft eine Einigung zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) anstrebt, zumal zusätzliche finanzträchtige Corona- Maßnahmen zu beschließen sind. Zusätzliche Mittel aus dem Wiederaufbaufonds sollen den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, um die neuen Strategien umzusetzen. Wir sind gespannt!

Wenn wir von notwendigen Umweltauflagen sprechen, ist auch klar, dass wir europaweit einheitliche Standards brauchen. Es wäre fatal, wenn wir künftig aufgrund strengerer Umwelt- und Bewirtschaftungsauflagen international nicht mehr konkurrenzfähig wären. Im Ergebnis würde dann unser Markt von importierten Erzeugnissen überschwemmt, die diesen Standards in keiner Weise entsprechen. Langfristig wäre das der Tod der heimischen Landwirtschaft! Wichtig ist auch, dass Umweltleistungen auch in Zukunft förderfähig bleiben. Bei der Ausgestaltung von ordnungsrechtlichen Regelungen im Rahmen der GAP muss das unbedingt berücksichtigt werden.

Eine »Komplett-Opposition« unserer Branche ist sicherlich nicht zielführend. Unsere Branche muss aber entsprechend intensiv in die Prozesse einbezogen werden, dies gilt auch für viele horizontale Themen, bei denen spezielle Interessen des Weinbaus bestehen: Proaktiv an Kompromissen mitarbeiten, um im Ergebnis gemeinsam praktikable Lösungen zu erzielen.

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