Gemeinsame Stellungnahme zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2024 BT-Drs. 20/12780

Gesetzliche Rahmenbedingungen für die Land- und Forstwirtschaft

Land- und Forstwirte sind mit ihren jeweiligen Heimatregionen eng verwurzelt und fördern den Zusammenhalt im ländlichen Raum. Aus diesen Gründen hat sich die Bevölkerung mit den Protesten der Bäuerinnen und Bauern gegen die Mehrbelastungen des Sektors solidarisiert.

Das Haushaltsfinanzierungsgesetz, das Gesetz zur Verlängerung der Tarifermäßigung und der Regierungsentwurf des Jahressteuergesetz 2024 verbessern jedoch weder die Situation für den ländlichen Raum noch für die Land- und Forstwirtschaft. Denn die Land- und Forstwirtschaft wird in den nächsten 4 Jahren – trotz  Wiedereinführung der Tarifglättung – im Ergebnis mit 1.365 Mio. € belastet.

Trotz der umfangreichen Proteste gegen diese Belastungen bleiben die Zusagen der Bundesregierung in der Protokollerklärung zum Zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetz (vgl. BR-Drs. 91/24) erheblich hinter den Erwartungen des Bundesrats und der betroffenen Betriebe in Deutschland zurückbleiben. Die Maßnahmen des Agrarpakets können deshalb nur ein erster Schritt sein.

Land- und Forstwirte produzieren gute und gesunde Lebensmittel unabhängig davon, ob ökologisch oder konventionell, die trotz starker Reglementierung, teils nicht vermittelbaren praktischen Realitäten und bürokratischer Lasten nicht immer kostendeckend erfolgen. Deshalb sind weitere Schritte zur finanziellen und bürokratischen Entlastung der Land- und Forstwirtschaft dringend erforderlich!

Forderungen

Wir fordern den Gesetzgeber in einem weiteren Schritt auf, die finanziellen und bürokratischen Belastungen der Land- und Forstwirte zur Produktion bezahlbarer Lebensmittel wie folgt zu senken:

Sinnlose Bürokratie vermeiden – keine unterjährige Absenkung des Pauschalsteuersatzes

 Die unterjährige Absenkung des Durchschnittssatzes für voraussichtlich einen kompletten Monat führt zu einem nicht zu rechtfertigenden hohen bürokratischen Aufwand für die betroffenen Landwirte und die Wirtschaft. Anstatt unnötige Bürokratie – wie es ursprünglich das erklärte Ziel der Bundesregierung war – abzubauen, werden neue Abgrenzungsfragen und Anpassungsschwierigkeiten bei Rechnungen und Gutschriften geschaffen. Dies wiegt umso schwerer, als mit einem Inkrafttreten der Regelung absehbar erst gegen Ende des laufenden Jahres 2024 zu rechnen ist und damit der neue Durchschnittssatz nur für einen sehr kurzen Zeitraum gelten würde.

Petitum:

Wir fordern, auf die unterjährige Absenkung des Durchschnittssatzes zu verzichten.

Überflüssige Bürokratie abbauen – USt-Pauschalierung an Buchführungspflicht anpassen

Die Umsatzgrenze bei der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG war seit 2020 auf die Buchführungspflicht nach § 141 AO und die Ist-Besteuerung nach § 20 UStG abgestimmt. Mit dem Wachstumschancengesetz hat der Gesetzgeber diesen Dreiklang durchbrochen. Deshalb müssen land- und forstwirtschaftliche Betriebe mit Umsätzen > 600.000 EUR ausschließlich für umsatzsteuerliche Zwecke eine Buchführung erstellen, obwohl die Buchführungspflicht in allen anderen Fällen erst bei Umsätzen > 800.000 EUR beginnt.

Die Bundesregierung hat in der Vergangenheit mehrfach erklärt, Steuerbürokratie spürbar zu verringern und unnötige Bürokratie abzubauen. Diesem selbst gesetzten Anspruch wird sie wiederholt nicht gerecht und belastet einseitig die Land- und Forstwirtschaft.  

Petitum:

Wir fordern, unnötige Bürokratie abzubauen und deshalb den Anwendungsbereich des § 24 UStG ab dem Kalenderjahr 2024 realitätsgerecht an die Buchführungsgrenze sowie Ist-Besteuerungsgrenze von 800.000 € anzupassen.

Unnötige Bürokratie verhindern – Durchschnittssteuersatz richtlinienkonform nach Art. 298 MwStSystRL ermitteln

Nach Art. 298 der Mehrwertsteuersystemrichtline (MwStSystRL) ist der Durchschnittsteuersatz allein anhand der makroökonomischer Daten pauschalierender Landwirte der letzten drei Jahre zu ermitteln. Ausweislich der BT-Drs. 20/9625 und 20/11920 ermittelt die Bundesregierung den Durchschnittsteuersatz anhand von Echtzahlen der regelbesteuernden Landwirte und statistischer Daten der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Mit dieser abweichenden Berechnungsmethode wird eindeutig europäisches Recht verletzt und die MwStSystRL falsch in nationales Recht umgesetzt.

Petitum:

Wir fordern den Gesetzgeber wiederholt und nachdrücklich auf, eine realitätsgerechte und wettbewerbsneutrale Besteuerung sicherzustellen und den Durchschnittssteuersatz europarechtskonform zu ermitteln.

Bis dahin ist aus unserer Sicht zwingend geboten– infolge des hohen Preisanstiegs – auf die völlig realitätsfremde Absenkung des Satzes von 9,0 % auf 7,8 % zu verzichten. Sollte die unzutreffende Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes nicht korrigiert werden, ist nicht auszuschließen, dass in dieser Sache einzelne Landwirtinnen und Landwirte ihren Unmut an die Europäische Kommission im Beschwerdeweg herantragen oder die Einhaltung europäischen Rechts auf gerichtlichem Wege einfordern werden.

Ergänzend verweisen wir auf unsere erste Stellungnahme zum Jahressteuergesetz 2024.

Exemplarisches gemeinsames Schreiben an die Ministerpräsident:innen der Länder

Diese Stellungnahme unterzeichneten: 

Der Deutsche Bauernverband e.V. (DBV) ist Unternehmerverband und Interessenvertreter für alle Landwirtinnen und Landwirte, ihre Familien sowie für die ländlichen Räume – unabhängig von Produktionsrichtung, Größe und Rechtsform. Das Spektrum reicht von landwirtschaftlichen, ökonomischen, ökologischen und sozialen Themen über Rechts- und Steuerfragen bis zu Bildungs- und Jugendfragen.

 

Der Deutsche Weinbauverband e. V. (DWV), ist die Berufsorganisation der Winzerinnen und Winzer und vertritt seit 1874 die Gesamtinteressen seiner Mitglieder gegenüber nationalen und internationalen Institutionen. Er setzt sich dafür ein, die beruflichen Belange der deutschen Winzerschaft zu wahren und zu fördern.

 

Die Familienbetriebe Land und Forst (FABLF) sind ein freiwilliger Zusammenschluss von Eigentümern, die mit ihren Betrieben Verantwortung für rund fünf Prozent der land- und forstwirtschaftlichen Fläche in Deutschland tragen. Der Verband setzt sich für den Schutz des privaten Eigentums und die Stärkung der Wirtschaftskraft im ländlichen Raum ein.

 

Der Hauptverband der landwirtschaftlichen Buchstellen und Sachverständigen e. V. (HLBS) begleitet das deutsche Steuerrecht seit über 100 Jahren und setzt sich seither für eine praxisorientierte Umsetzung der steuerrechtlichen Rahmenbedingungen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft ein.

 

Der Zentralverband Gartenbau e.V. (ZVG) vertritt als Berufs- und Wirtschaftsverband die politischen Interessen der deutschen Gartenbauunternehmen gegenüber Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Dazu gehören rechtliche, steuerliche, soziale, betriebswirtschaftliche und umweltbezogene Fragen ebenso wie die Förderung der Aus- und Weiterbildung und Nachwuchsförderung. Mit den gärtnerischen Produkten und Dienstleistungen trägt der ZVG maßgeblich dazu bei, das Leben der Menschen gesund und wertvoll zu halten.

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