Schwächelnde WTO

US-Konflikt – Quo vadis deutscher Export? Ende Januar lockte wie jedes Jahr die Internationale Grüne Woche das »Who is who« der Agrarbranche nach Berlin. Auch dieses Jahr wurde dieser Rahmen wieder genutzt, um Kontakte zu pflegen und politische Gespräche zu führen. Neben der aktuell geführten gesellschaftlichen Auseinandersetzung um Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimaschutz diskutierte der Weinsektor auch die Herkunftsprofilierung im Rahmen der aktuellen Weinrechtsreform. Angesichts ihrer großen internationalen Beteiligung (72 Länder) lenkt die Internationale Grüne Woche auch jedes Jahr meine Gedanken auf die aktuellen Entwicklungen des internationalen Handels unserer Branche. Bundesministerin Klöckner hat im vergangenen Jahr die deutsche Weinwirtschaft wieder in die Exportförderung aufgenommen. Mit dieser Maßnahme will das Ministerium aktiv daran mitwirken, den Kreis der ausländischen Handelspartner auszuweiten. Dabei geht es vor allem um die Erschließung neuer Absatzmärkte und darum, die Wettbewerbsfähigkeit vor allem der kleinen und mittleren Unternehmen zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund werden zum Beispiel dieses Jahr Unternehmerreisen nach Tschechien oder eine Markterkundungsreise nach Indien angeboten, die vom BMEL gefördert werden. Schaut man sich die aktuelle Trinkweinbilanz in Deutschland an, könnte sich der ein oder andere Erzeuger bestimmt überlegen, seine Exportaktivitäten zu intensivieren. Bei einem insgesamt leichten Rückgang des durchschnittlichen Still- und Schaumweinkonsums (auf 23,4 Liter pro Person) hat der  Stillweinabsatz in Deutschland im Vergleich zur Vorjahrsperiode knapp 2 Prozent verloren. Zur Erinnerung im Stillweinbereich ergibt sich eine Verteilung von 43 Prozent deutscher und 57 Prozent importierter Wein.

Im Konflikt mit den USA dürfen wir nicht müde werden.

Doch auch unser Exportgeschäft steht seit langer Zeit vor großen Herausforderungen. Führt man sich vor Augen, dass die USA das wichtigste Zielland für Weine deutscher Herkunft sind, gefolgt von den Niederlanden und Großbritannien, wird die aktuelle Misere im Exportgeschäft schnell deutlich. Erzeuger, die in die USA exportieren, müssen aktuell Strafzölle in Höhe von 25 Prozent hinnehmen, die gegebenenfalls in wenigen Monaten auch noch angehoben oder ausgeweitet werden. Ein Ende des Konfliktes ist trotz lauter Proteste der Branche und ständigen Verhandlungsversuchen der EU-Kommission derzeit nicht in Sicht. Je länger die Strafmaßnahmen der USA andauern, desto schwieriger wird es werden, die verlorenen Regalmeter wieder zurückzuerobern. Die geforderten Ausgleichsmaßnahmen für die betroffenen Erzeuger bzw. die Flexibilität bei den Absatzförderungsmaßnahmen werden das auch nicht abfedern können.

Auch die Exporteure, die noch auf den britischen Markt setzen, stehen vor einer sehr ungewissen Zukunft. Ende dieser Woche wird wohl der definitive Austritt Großbritanniens aus der EU beschlossen werden. Bis Ende des Jahres wird sich am Status Großbritanniens zwar nichts ändern, das Exportgeschäft wird vermutlich in dieser Übergangsphase nochmals ordentlich boomen. Sollten es die EU und Großbritannien nicht schaffen, bis Ende des Jahres ein Freihandelsabkommen auszuhandeln und zu ratifizieren, dann droht ein harter Brexit. Nicht viel Zeit!

Die aktuelle Schwäche der Welthandelsorganisation (WTO) – auch als schlichtende Einrichtung – sorgt ebenso wenig für Optimismus im internationalen Handel wie die seit Jahren ins Stocken geratenen internationalen Verhandlungen (Doha-Runden) zur Stärkung eines multilateralen Handelssystems. Aber genug mit der Schwarzmalerei!

Einige bilaterale Abkommen der EU, die das multilaterale Handelssystem ergänzen, sind in den letzten Jahren abgeschlossen worden. Neben der Beseitigung von tarifären und nicht tarifären Handelshemmnissen sind diese Abkommen für den Schutz unserer geschützten Herkunftsbezeichnungen von großer Bedeutung. Mitte Februar soll das EU-Parlament einem Abkommen der EU mit Vietnam zustimmen. Und im Konflikt mit den USA dürfen wir nicht müde werden, die Verhandlungsführer immer wieder aufs Neue zu motivieren, eine schnelle Einigung mit den USA zu erzielen, die für eine gewisse Erholung im US-Exportgeschäft sorgen könnte.

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