Ende noch nicht in Sicht!

Quelle: DWI

Wir müssen die Weichen für langfristig auftretende Probleme jetzt stellen.

Seit über einem Monat dreht sich für alle Menschen weltweit alles um das Thema Corona. Jedes EU-Land setzt die Maßnahmen des sogenannten »Social Distancing« unterschiedlich um. Neben den Bürgern, die in ihrem privaten und ihrem Arbeitsumfeld betroffen sind, leidet die Wirtschaft insgesamt erheblich unter diesen Einschränkungen. Es ist daher nicht überraschend, dass wir uns auch in dieser Ausgabe wieder mit den aktuellen Folgen der Corona- Krise beschäftigen. In den vergangenen Wochen haben wir die Politik immer wieder zu rascher, unbürokratischer, wenn nötig auch zu unkonventioneller Hilfe für unsere betroffenen Weinbaubetriebe aufgefordert.

Die Weinbauländer Europas sind sich einig, dass die Weinbranche vor erheblichen Herausforderungen stehen wird

Wir sind dankbar, dass zahlreiche Hilfsmaßnahmen mittlerweile von der Bundesregierung erlassen wurden, damit auch der Weinsektor mit den unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen fertig werden kann. Weitere müssen noch folgen!

Zuletzt wurde beschlossen, dass Erntehelfer und Saisonarbeitskräfte in begrenztem Umfang und unter strengen Auflagen wieder nach Deutschland kommen dürfen. Im April und im Mai wird jeweils bis zu 40.000 Saisonarbeitern die Einreise ermöglicht. Ein Stück Arbeitnehmerfreizügigkeit zwischen den EU-Ländern ist damit wiederhergestellt.

Insgesamt ruft die EU ihre Mitglieder zu Solidarität und zu abgestimmtem Verhalten auf. Europaweit befürchten bzw. erleiden viele Erzeuger erhebliche Umsatzeinbußen. Insbesondere längerfristige Schließungen von Hotel- und Gastronomiebetrieben sind dafür verantwortlich. Aus einigen EU-Ländern wird daher der Ruf nach Krisendestillation bereits laut!

In vielen EU-Ländern nimmt aber der Konsum zu Hause zu, viele Menschen decken sich derzeit im LEH ein. Wie sich die Absatzzahlen mittel- bis langfristig entwickeln werden, hängt davon ab, wie lange die Maßnahmen des »Social Distancing« aufrechterhalten werden. Schwierig ist es allerdings, in dieser ungewissen Situation und zu diesem Zeitpunkt der Vegetationsperiode von der Politik bereits Entscheidungen zur Ertragsregulierung zu verlangen! Notwendige Weichen sollten jedoch gestellt werden, um – sofern wirklich erforderlich – schnell reagieren zu können.

Die Weinbauländer Europas sind sich einig, dass die Weinbranche auch nach dem Ende der Maßnahmen vor erheblichen Herausforderungen stehen wird. Auf europäischer Ebene wird daher bei der Durchführung der nationalen Stützungsprogramme eine Flexibilisierung gefordert. Die Fristen für die Durchführung der genehmigten Maßnahmen sollten um ein Jahr verlängert werden. Außerdem wird gefordert, dass Gelder aus dem Stützungsprogramm, die im aktuellen Jahr nicht verwendet werden, über drei Jahre eingefroren werden und den Mitgliedstaaten damit nicht verloren gehen. Flexibilisierung ist bestimmt der richtige Ansatz.

Auch bei den Pflanzrechten werden Ausnahmen gefordert: Die dreijährige Frist zur Ausführung einer Neupflanzung soll verlängert werden und in diesem Zusammenhang vorgesehene Strafzahlungen aufgehoben werden – so die Forderung auf europäischer Ebene. Um innerhalb von Europa Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, brauchen wir in jedem Fall einheitliche oder zumindest zwischen den Ländern abgestimmte Lösungen.

Wie wird es weitergehen? Eine Lockerung der Kontaktsperren darf nach Aussagen der Fachleute nicht zu früh erfolgen, weil sonst das Risiko hoch ist, dass das Virus wieder aufflackert. Andererseits muss es so schnell wie möglich passieren, damit unsere Wirtschaft nicht unnötig weiter leidet. Einige Winzer gehen aktuell bei der Pflege der Kundenkontakte neue Wege, da sie in ihren Weinbaubetrieben keine Weinproben mehr anbieten dürfen. In den letzten Tagen gab es auf Facebook und Instagram einige Angebote für sogenannte »Live Tastings«, bei denen der Konsument vorab georderte Weine »gemeinsam« und »live« mit dem Winzer auf seiner häuslichen Couch verkosten kann. Der Winzer kommt also digital vorbei. Ein Alternativkonzept auch für die Zeit nach Corona? Durchaus denkbar, auch wenn ich selbst in Zukunft nicht auf das persönliche Gespräch mit dem Winzer verzichten möchte. 

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