Nachhaltigkeit

Foto: DWI

Für die einen nicht mehr als ein Modebegriff, für andere eine dringende Handlungsempfehlung

Editorial 18/2019

Nicht erst seit »Fridays for Future« oder aktuell den Brandrodungen im Amazonasgebiet macht der Begriff Nachhaltigkeit in allen Gesellschaftsschichten die Runde. Bewusster produzieren, einkaufen und konsumieren ist schon seit längerer Zeit zu einer Überzeugung geworden, die viele Menschen miteinander teilen. Der Begriff erscheint, knapp 30 Jahre nach seiner Einführung in den allgemeinen Sprachgebrauch, schon ziemlich überstrapaziert. Trotzdem wissen noch viele nicht, was er genau umfasst und welchen Beitrag insbesondere auch der Weinbau heute schon in diesem Zusammenhang leistet.

Aktuelle Diskussionen infolge von Gesetzesinitiativen zeigen, dass weiterhin Aufklärungsbedarf in der Bevölkerung besteht. Auch deshalb hat der 42. Weltkongress der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV), der im Juli mehr als 300 internationale Forscher in Genf zusammenbrachte, sich mit seinem diesjährigen Leitthema „Erhaltung und Innovation: ökologische, wirtschaftliche und soziale Erwartungen“ dieser Thematik angenommen.

Prinzipiell bedeutet Nachhaltigkeit die Nutzung eines regenerierbaren Systems in einer Weise, dass dieses in seinen wesentlichen Eigenschaften erhalten bleibt und sein Bestand auf natürliche Weise regeneriert werden kann. Die ökologische Nachhaltigkeit umfasst u.a. den Erhalt der Biodiversität, den Klimaschutz sowie die Pflege von Kultur- und Landschaftsräumen in ihrer ursprünglichen Gestalt. Nachhaltigkeit sollte sich neben ökologischen auch auf ökonomische und soziale Aspekte beziehen.

Wir müssen der Öffentlichkeit deutlich machen, was in puncto Nachhaltigkeit bereits alles getan wird!

Wie wird Nachhaltigkeit derzeit konkret im Weinbau umgesetzt? Weinbaubetriebe, die nachhaltig wirtschaften, sind bestrebt, die gesamte Betriebsführung, vom Außenbetrieb, über die Kellerwirtschaft bis hin zur Vermarktung im Rahmen einer ganzheitlichen Nachhaltigkeitsbetrachtung stetig zu optimieren. Pflanzenschutz- und Düngemittel sind nur nach Bedarf und unter Berücksichtigung von Umweltschutzkriterien einzusetzen. »So viel wie nötig, so wenig wie möglich« lautet hier die Devise. In allen Bereichen wird versucht, möglichst ressourcenschonend zu wirtschaften, wie bspw. mit einer Umstellung auf Ökostrom, dem Einsatz von dünnwandigen Flaschen etc. Schon seit langem ist die Forschung beim Thema Pflanzenschutz engagiert, naturnahe Bekämpfungsstrategien zu entwickeln: Pheromone gegen Traubenwickler sind hier ein sehr erfolgreiches Beispiel.

Weltweit wurden verschiedene Programme für eine nachhaltige Weinerzeugung entwickelt. Ob deren bisherige Umsetzung im Weinbau ausreichend sein wird, den Erwartungen der Gesellschaft auf Dauer zu entsprechen, wird sich noch zeigen. Zunächst aber ist es erforderlich, der Öffentlichkeit überhaupt zu verdeutlichen, welche vielfältigen Maßnahmen von den Betrieben bereits umgesetzt werden. Allein das ist schon eine Kommunikationsaufgabe für die gesamte Branche. Der italienische Wissenschaftler Luigi Moio brachte in Genf den aktuellen Trend in der Gesellschaft wie folgt auf den Punkt: „Aktuell fordern viele Verbraucher eine Rückkehr zu ›Naturwein‹, der Trauben als einzigen Bestandteil von Wein anerkennt. In gewisser Weise geht man damit in der Entwicklung 100 Jahre zurück. So würde man jedoch die lange Geschichte des Weins und damit auch alles, was heute guten Wein ausmacht, ›auslöschen‹.“

Wir dürfen unsere langjährigen Erfahrungen nicht vergessen. Unsere Herausforderung ist es, einen Mittelweg zu finden, der die Tradition, die Charakteristik jeder Region und die Belange der Umwelt berücksichtigt.

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