DWV-Stellungnahme Zur „Ersten Verordnung zur Änderung der Weinverordnung und der Weinüberwachungsverordnung“

Bildquelle: DWV

Wir bedanken uns für die Zuleitung des Referentenentwurfs und die uns eingeräumte Möglichkeit, hierzu Stellung zu beziehen. Zum vorliegenden Entwurf äußern wir uns wie folgt und bitten um Berücksichtigung unserer Positionen im weiteren Verfahren:

zu Artikel 1 Ziffer 3

Die Streichung der Größenvorgabe für Versuchsflächen zum besseren und erleichterten Versuchsanbau von neugezüchteten Keltertraubensorten ist aus unserer Sicht unbedenklich, soweit die Ertragsobergrenze von 20hl pro Betrieb erhalten bleibt. Eine Ausweitung der Ertragsobergrenze und somit ein Mehr an Versuchsweinen auf dem Weinmarkt würde nicht einschätzbare Auswirkungen für den regulären Weinmarkt haben und ist daher abzulehnen. Wir begrüßen daher, dass das BMEL beabsichtigt, die Vorgabe aufrechtzuerhalten.

zu Artikel 1 Ziffer 4

Nach unserem Verständnis wird durch die Aufnahme der Regelung zur Säuerung/Anreicherung und Entsäuerung hier nur eine bereits existierende Vorgabe an zentraler Stelle in der WeinV platziert und eine Strafbewehrung vorgesehen. Wir gehen davon aus und fordern, dass dies für die gängige Praxis im Bereich „Anreicherung/Säuerung“ keine Auswirkung hat und für das bisherige betriebliche Vorgehen in diesem Bereich keine negative Auswirkung/Veränderung vorgesehen ist.

zu Artikel 1 Ziffer 6 b

Eine Ausweitung der Alkoholgrenzen analog zur geschützten Ursprungsbezeichnung lehnen wir mehrheitlich ab. Innerhalb unserer Gremien sind die Auswirkungen auf den Markt sowie weitere Folgen umstritten und derzeit nicht abzuschätzen. Wir begrüßen daher mehrheitlich, dass der Verordnungsgeber in seinem Vorschlag von einer vollständigen Liberalisierung in Anlehnung an die Möglichkeiten bei den Weinen mit geschützter Ursprungsbezeichnung abgesehen hat. Die Möglichkeit der Erhöhung der Anreicherungsgrenzen von Landwein/Wein mit geschützter geografischer Angabe durch eine Änderung der Produktspezifikation als moderate Erhöhung um jeweils ein Volumenprozent akzeptieren wir mehrheitlich* als Kompromiss der gesamten Weinbranche für eine ganzheitliche Profilierung der Qualitätspyramide.

zu Artikel 1 Ziffer 9 b

Bereits in unserer Stellungnahme im Frühjahr dieses Jahres haben wir gefordert, dass der Bestandsschutz für am Markt etablierte Erste Gewächse und Große Gewächse sichergestellt werden muss. Dies soll durch den vorliegenden Satz 2 erreicht werden. Wir begrüßen die Intention des Satzes 2, weisen aber darauf hin, dass das Anknüpfen an Satzungen in der Praxis kaum umzusetzen sein wird. In der Regel werden entsprechende Prüfungsordnungen und Vorgaben nicht in der Satzung – aufgrund der bei jeder Änderung erforderlichen Vereinsregistereintragung – enthalten sein. Wir sind erfreut darüber, dass die Anpassung zur Formulierung durch das BMEL mit dem Wort „verbandsinternen“ bereits aufgegriffen wurde, sodass wir hier von einer praxistauglichen Bestandsschutzregelung – bis zu einer Regelung in der Produktspezifikation durch die Schutzgemeinschaft – ausgehen.

zu Artikel 1 Ziffer 9 b – Ergänzung

Der nun in der Änderung der WeinVO ergänzte Satz 2 soll klarstellen, dass die Bezeichnungen, die die nun geregelten Begriffe begründen und internationalen Erfolg erreicht haben, ohne jede Einschränkung fortgeführt werden können. Da es immer wieder zu unterschiedlichen Auslegungen dazu kam, wie weitreichend dies ist, sind aus unserer Sicht zwei Klarstellungen erforderlich.

Die eine bezieht sich auf das Erfordernis von Festsetzungen in der Produktspezifikation und dient insbesondere der Klarstellung von Auslegungsschwierigkeiten.

Die zweite Klarstellung ist hinsichtlich des Prüfprozederes erforderlich. Auf der einen Seite muss sichergestellt sein, dass eine umfassende und neutrale Überprüfung der Produktqualität erfolgt und so eigenbetriebliche Eigenauszeichnungen nicht dem Sinn der Regelung entsprechen.

Erfolgreich etablierte Systeme sollen jedoch durch die Regelung nicht beeinträchtigt werden. Diese müssen weiter in der bisherigen, bewährten Art möglich bleiben. Ein Zusammenwachsen schutzgemeinschaftlicher und verbandlicher Systeme muss in einem Prozess auf Augenhöhe und Freiwilligkeit beruhen. Nur so lässt sich der von Anfang an gewünschte Bestandsschutz tatsächlich erzielen und gleichzeitig das ursprüngliche, initiierte Ziel des Landes Hessen – nämlich die Vermeidung von Wildwuchs – gewährleisten. Deshalb ist zu ergänzen, dass eigenbetriebliche Prüfungen nicht ausreichend sind – auch um den umgekehrten Fall zu vermeiden, sodass der bisherige Wildwuchs gleichermaßen Bestandsschutz erhalten würde, selbst wenn für die Erzeugung eines Ersten/Großen Gewächses kein entsprechendes Regelwerk sowie Prüfungen angelegt werden.

Daher schlagen wir folgende Ergänzung zur Klarstellung vor:

§ 32 b

(4) Bestehende Bezeichnungen, die die Begriffe „Erstes Gewächs“ oder „Großes Gewächs“ enthalten, dürfen weiterverwendet werden, wenn deren Regelwerk und Prüfungen die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Mindestanforderungen erfüllen. Soweit die gemäß Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 2 Nummer 5 vorgeschriebenen Festlegungen noch nicht erfolgt sind, sind die entsprechenden verbandsinternen oder betrieblich festgelegten Anforderungen an die bestehenden Bezeichnungen weiter anzuwenden. Eigenbetriebliche Prüfungen sind dabei nicht ausreichend.

zu Artikel 1 Ziffer 10

Entalkoholisierte Erzeugnisse stellen im Rahmen einer sich verschärfenden Alkoholpolitik und eines stärker werdenden Gesundheitsbewußtseins der Gesellschaft eine Ergänzung für alkoholhaltige Weine dar und sprechen neue Zielgruppen an. Der Markt für alkoholfreie Biere und Spirituosen zeigt, dass über den Kauf des entalkoholisierten Produktes Verbraucherinnen und Verbraucher auch für entsprechende Weinerzeugnisse gewonnen werden könnten. Insoweit begrüßen wir die Möglichkeit der fakultativen Nutzung des Begriffs „alkoholfrei“ neben der europarechtlich erforderlichen Verkehrsbezeichnung.

Uns erschließt sich jedoch nicht, inwieweit der Verbraucherschutz es gebietet, dass dieser Begriff in gleicher Schriftart, Farbe und Größe angegeben werden muss. Dies scheint dem Verbraucherschutz aus unserer Sicht eher hinderlich.

Ebenfalls erschließt sich uns nicht, warum für den am Markt etablierten Begriff „alkoholreduziert“ eine entsprechende fakultative Verwendung nicht vorgesehen wird. Eine entsprechende Einführung des Begriffs in diesem Zukunftsmarkt würden wir begrüßen.

zu Artikel 1 Ziffer 12

Nach intensiver Diskussion sprechen wir uns nach kontroverser Diskussion und zahlreichen Enthaltungen derzeit mehrheitlich gegen die Angabe von den in § 42 Abs. 2 WeinV genannten Rebsorten auf alkoholfreiem Wein aus. § 42 Abs. 2 WeinV schützt die wichtigsten Leitrebsorten vor einer Verwendung auf Deutschem Wein, einem Produkt ohne engere Herkunftsangabe, zum Schutz und insbesondere zur Profilierung der Qualitätsweinanbaugebiete. Entalkoholisierte Produkte dürfen nicht mit einer geografischen Angabe vermarktet werden. Insoweit dienen diese nicht der Profilierung und sollten daher die Leitrebsorten nicht tragen dürfen. Ob eine Aufnahme entalkoholisierter Produkte – erforderlich wäre eine Änderung des europäischen Rechts – in die geschützten Herkunftsbezeichnungen eine Option sein könnte, um auch den Konflikt mit der Negativliste des § 42 Abs.2 WeinV zu lösen, werden wir in unseren Gremien zeitnah besprechen.

Uns ist bewusst, dass die Angabe nach geltendem Recht zulässig ist nach den Vorgaben der LMIV. Dies ist jedoch damit zu rechtfertigen gewesen, dass es sich bei ent­alkoholisierten Produkten nicht um ein Erzeugnis im Sinne der WeinV handelte und kann daher bei entalkoholisiertem Erzeugnis als Wein im Sinne der WeinV nicht aufrecht erhalten bleiben.

zu Artikel 1 Ziffer 16

Die in die Verbändeanhörung gegebene Neufassung der Anlage 8 lehnen wir ab. Zwar ist auch uns bekannt, dass die bisherige Tabelle in Anlage 8 im Mittel der letzten Ernten hinsichtlich des Zusammenhanges zwischen Grad Oechsle und dem natürlichen Alkoholgehalt nicht mehr den tatsächlichen Ertrag abbildet, die im ursprünglichen Entwurf enthaltene Fassung ist jedoch fehlerhaft und bringt eine Vielzahl von Problemen mit sich. Insoweit verstehen wir, dass das BMEL bereits mündlich mitgeteilt hat, dass die Tabelle entweder vor Einbringung in den Bundesrat korrigiert wird oder von einer Änderung abgesehen wird.

Wir sind jedoch irritiert, warum hier eine Tabelle ohne Mitwirkung der staatlichen Lehr- und Forschungsanstalten im Weinsektor erstellt wurde, obwohl sowohl bspw. am DLR Rheinpfalz als auch am DLR Mosel aktualisierte und wissenschaftlich fundierte Tabellen existieren.

Wir fordern, dass die geänderte Tabelle mit den führenden Weinwissenschaftlern und der jeweils zuständigen Weinkontrolle abgestimmt wird, um hier für die Winzerinnen und Winzer in der Praxis Klarheit zu schaffen. Es ist in der Praxis nicht dienlich, dass es gravierende Abweichungen zwischen den wissenschaftlich fundierten Tabellen und den in der WeinV hinterlegten Anlagen bzw. dem Entwurf gibt.

Weiter fordern wir, dass für die Einführung der neuen Anlage 8 eine Übergangsfrist vorgesehen wird. Die Winzerinnen und Winzer werden sich voraussichtlich Mitten in der Lese befinden, wenn die neue Verordnung in Kraft treten soll. Sie verlassen sich darauf, dass die aktuellen Werte für den aktuellen Jahrgang gelten. Dieses Vertrauen ist zu schützen und daher eine langfristige Übergangslösung, bis mindestens Erntejahrgang 2023 vorzusehen. Dies ermöglicht es den Betrieben, aber auch der Weinkontrolle, sich auf die neuen Werte umzustellen. Auch existieren basierend auf Anlage 8 Vorgaben in den Produktspezifikationen sowie den Landesverordnungen. Hier eine kurzfristige Anpassung – im laufenden Herbst – vorzunehmen, ist für die Winzerinnen und Winzer unzumutbar.

Zu Artikel 1 Ziffer 16 im Zusammenspiel mit § 32b WeinV

Sollte es nicht gelingen eine korrigierte Fassung der vorgelegten Tabelle innerhalb der erforderlichen kurzen Frist im Verordnungsgebungsverfahren einzubringen, fordern wir, dass die Auswirkungen auf die Vorgabe des natürlichen Mindestalkoholgehaltes bei Erstem Gewächs und Großem Gewächs angepasst werden.

Der natürliche Mindestalkoholgehalt für Erste Gewächse von mindestens 11,0 Volumenprozent, vgl. § 32b Abs. 1 Nr. 5 WeinV, und für Große Gewächse von mindestens 12,0 Volumenprozent, vgl. § 32b Abs. 2 Nr. 4 WeinV, kann unter bestimmten Witterungsbedingungen für Erzeugerinnen und Erzeuger in bestimmten Anbaugebieten eine nicht erreichbare Klippe sein.

Darüber hinaus sollte in der heutigen Zeit ein hoher Alkoholgehalt für die Spitze der Qualitätspyramide keine zwingende Vorgabe sein. In Zeiten von gesellschaftlichem Wandel und gesundheitsbezogener Alkoholpolitik scheint es nicht zielführend, die Spitze der Qualitätspyramide nur im besonders hohen Alkoholgehalt anzusiedeln, da die Erzeugnisse in der Regel trocken ausgebaut werden.

Insoweit fordern wir, wenn die Tabelle in Ziffer 16 nicht aktualisiert wird, die moderate Absenkung des geforderten natürlichen Mindestalkoholgehaltes in § 32b Abs. 1 Nr. 5 WeinV auf 11 Volumenprozent sowie in § 32 b Abs 2 Nr. 4 WeinV auf 11 Volumenprozent. Sollte eine Schutzgemeinschaft für ihr Anbaugebiet eine höhere Grenze vorsehen wollen, bleibt dies zulässig.

Der Deutsche Weinbauverband e.V., kurz DWV, ist die Berufsorganisation der deutschen Winzerinnen und Winzer. Er vertritt die Gesamtinteressen seiner Mitglieder gegenüber internationalen und nationalen Institutionen und Organisationen und setzt sich dafür ein, die beruflichen Belange der deutschen Winzerschaft zu wahren und zu fördern.

[*] Die Anbaugebiete Mosel, Mittelrhein und Nahe fordern entsprechend ihrer Beschlüsse in den Schutzgemeinschaften eine Erhöhung von 1 % bei Rotwein und lehnen eine Erhöhung bei Weißwein ab. Das Anbaugebiet Rheinhessen lehnt eine Erhöhung vollständig ab.

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