DWV-Stellungnahme zum EU-Verordnungsvorschlag zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln

Die geplante Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (Sustainable Use Regulation – SUR) soll die aktuelle Richtlinie zur nachhaltigen Nutzung von Pestiziden (SUD) ablösen. Der Verordnungsvorschlag sieht ein Anwendungsverbot an Pflanzenschutzmitteln in sogenannten empfindlichen Gebieten, zu denen FFH- oder Vogelschutzgebiete sowie öffentliche Parks, Gärten oder menschliche Siedlungen zählen, vor. Außerdem soll eine verstärkte Verwendung weniger gefährlicher nichtchemischer Alternativen zu chemischen Pestiziden zur Schädlingsbekämpfung erreicht werden.

Ein Verbot der Nutzung von allen Pflanzenschutzmitteln in sogenannten empfindlichen Gebieten

Ein komplettes Anwendungsverbot von Pflanzenschutzmitteln in so genannten empfindlichen Gebieten würde für viele Weinberge faktisch die unumkehrbare Stilllegung bedeuten. Die Erfahrung zeigt, dass Weinberge, insbesondere Steillagen, die einmal aufgegeben wurden, nicht mehr in die Bewirtschaftung zurückkommen.

Die Konsequenz wären brachliegende, verbuschende und schließlich überwaldete Rebflächen, sprich eine Abkehr von der mühsam errichteten Kulturlandschaft. Arten, die sich bspw. in Trockenmauern oder auch offenen Gassen wohl fühlen, werden dort keine Heimat mehr finden. Stadtnahe Weinberge mit entsprechendem Erholungs- und Tourismuswert könnten ebenso vor dem Aus stehen.

Beispielsweise würde an der Mosel die Weinerzeugung um ca. 90 % zurückgehen, in Baden und Württemberg ca. ein Drittel der Rebfläche. Die bekanntesten Einzellagen würden ausgelöscht. Staatliche Vorgaben, die sich an unrealistischen Zielvorgaben orientieren, werden zum Berufsverbot. Dies führt zu zunehmender Verunsicherung. Eine berufliche Zukunft im Weinbau wird in Frage gestellt was sich u.a. in rückläufigen Investitionstätigkeiten zeigt.

Fatale Auswirkungen aufgrund zu eng gefasster Ausnahmeregelungen: regionalen Vereinbarungen Raum geben

Laut dem vorgelegten Verordnungsvorschlag wären nur Ausnahmeregelungen in extremen Fällen möglich. Dies wäre im Kontext der in Deutschland getroffenen regionalen Vereinbarungen und Gesetze, wie bspw. des in Baden-Württemberg geltenden Biodiversitätsstärkungsgesetzes (BioDivG), fatal.

50% Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes und -risikos sowie des Einsatzes gefährlicherer Pflanzenschutzmittel

Der DWV bewertet insbesondere das Reduktionsziel von 50 % bis 2030 auf nationaler sowie europäischer Ebene als äußerst kritisch. Die Machbarkeit und die damit einhergehenden Folgen müssen in Frage gestellt werden, insbesondere in Steillagen.

Aufgrund der Definitionen für empfindliche Gebiete und dem dortigen Verbot der Verwendung jeglicher Pflanzenschutzmittel sowie der Definition für chemische Pflanzenschutzmittel, unter die wohl auch ökologische Pflanzenschutzmittel fallen, gelten die Auswirkungen gleichermaßen für bio- und konventionellen Weinbau. Dies konterkariert das Ziel der EU, den Anteil der Biolandwirtschaft signifikant zu erhöhen.

Auch die sogenannten PIWI-Rebsorten sind nicht geeignet, die vorgesehenen Zielvorgaben zu erreichen, da das erforderliche Rebpflanzgut weder auf absehbarer Zeit in ausreichender Menge vorhanden sein wird, und zudem auch PIWIs Pflanzenschutz erfordern. Des Weiteren ist unklar, wie lange Resistenzmechanismen erhalten bleiben und es besteht die Gefahr, dass Schaderreger Resistenzen brechen.

DWV-Position

Der vorgelegte EU-Verordnungsvorschlag zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln käme einer Stilllegung eines Großteils der deutschen Rebfläche gleich. Dies würde das Aus für viele Weinbaubetriebe bedeuten. Dies lehnt der Deutsche Weinbauverband vehement ab und fordert den Einbezug regionaler Kompromisse mit dem Berufsstand (wie bspw. das BioDivG), um nachhaltige Bewirtschaftungsmodelle von Rebflächen auszubauen. Unzureichend ist die Folgenabschätzung im Hinblick auf die Auswirkungen der drastischen Reduktion oder gar kompletten Anwendungsverbotes von Pflanzenschutzmitteln. Der Erhalt der Kulturlandschaft und vielfältiger Landschaftsstrukturen im Weinbau ist bereits gelebte Praxis und muss in allen Gebieten weiterhin möglich sein.

Pflanzenschutz sichert die Ernte sowie deren Qualität und muss daher nicht pauschal, sondern situativ, jahrgangs- und standortangepasst ausgebracht und reduziert werden. Für eine nachhaltige (Weiter-)Entwicklung des Weinbaus fordern wir ambitionierte Förderprogramme anstatt pauschaler, existenzgefährdender Regulierungsansätze.

Der Deutsche Weinbauverband e.V., kurz DWV, ist die Berufsorganisation der deutschen Winzerinnen und Winzer. Er vertritt die Gesamtinteressen seiner Mitglieder gegenüber internationalen und nationalen Institutionen und Organisationen und setzt sich dafür ein, die beruflichen Belange der deutschen Winzerschaft zu wahren und zu fördern.

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